Auch der zweite Prozesstag zum Tod von Philipp (†2) war voller Emotionen. Während am ersten Tag seine Mutter D. H.* (32) weinend vor dem Bezirksgericht Baden AG sagte, sie habe nichts von den Übergriffen mitgekriegt, wurde am letzten Tag ihr damaliger Freund Marc L.* (40) befragt. Der Logistiker soll Philipp monatelang misshandelt und am Ende totgeschüttelt haben.
Doch zuerst sprach ein Forensiker über Marc L.: Keine manifeste Persönlichkeitsstörung! Und das Fazit einer Rechtsmedizinerin: Philipp starb an einem Schütteltrauma! Es müsse «ein recht heftiges Schütteln» gewesen sein. Fünf bis zehn Sekunden lang, zehn bis dreissig Mal. Offenbar nicht die erste Misshandlung: Die Leiche wies mehrere ältere und frische Verletzungen auf. «An Stellen, die nur sehr schwer erklärbar sind durch Stürze.»
Vom Stiefvater geschlagen worden
Jetzt spricht Marc L. Er jammert: «Ich hatte abends Probleme und ein Licht im Schlafzimmer, das ich von Mami erhalten haben, wenn es dunkel ist.» Er sei früher vom Stiefvater geschlagen worden.
Doch als es um die Verletzungen geht, die Marc L. dem kleinen Philipp im 2014 zugefügt haben soll, fallen immer wieder Sätze wie: «Da kann ich nichts dazu sagen.»
Er wollte Philipp beruhigen
Das Drama geschah, als D. H. nach einem Streit um ihre Zukunft mit Marc L. den Müll rausbrachte und Philipp bei ihm lag. «Als sie ging, fing er an zu weinen», sagt er. Er habe versucht, Philipp zu beruhigen. Er nahm ihn auf. «Doch er hat immer mehr geweint und geschrien. Da nahm ich ihn weg von meinem Körper ... und habe ihn geschüttelt.» Es ist totenstill im Saal.
Dann sagt Marc L.: «Es tut mir so leid!» Als Philipp nicht mehr geweint habe, habe er ihn auf den Boden gelegt. Er habe gewollt, dass er wieder Luft kriegt und ihm die Hände auf den Bauch gelegt. «Aber ... ich habe ihn dann aufs Bett gelegt.» Jetzt weint auch Marc L. Nach einer Pause fragt die Richterin, ob er Philipp beatmet habe? Antwort: «Nein.» Nach seiner Aussage fällt er seinem Vater in die Arme.
Die Staatsanwaltschaft forderte für Marc L. 13 Jahre Gefängnis. Für die Mutter von Philipp 14 Monate bedingt. Die Urteile folgen.
* Namen der Red. bekannt