Ihre Kinder baden auf dem Grundstück, wo verurteilte Verbrecher ein- und ausgehen. Der Schwimmunterricht im Hallenbad der Strafanstalt St. Johannsen beunruhigt viele Eltern. Vor allem, weil mindestens drei Sexualstraftäter ausgebüxt sind und die Behörden die Bevölkerung nicht informierten (im BLICK).
«Ich finde es unmöglich, dass Schulkinder dem ausgesetzt sind», schimpft der Primarlehrer Lukas K.* (40). Er war dabei, als ein Knasti seine badenden Schützlinge in Angst und Schrecken versetzte.
Mit 20 Primarschülern der 6. Klasse aus Erlach BE besuchen Lukas K. und eine Begleitperson im Mai 2000 das Hallenbad. Sie wissen nicht genau, was sie dort erwartet.
«Ich dachte, in St. Johannsen sitzen vor allem Drogensüchtige», sagt der Lehrer. «Dass dort Sexualstraftäter sitzen, hatte uns niemand gesagt.»
Hinter einem Busch steht ein Mann
Plötzlich schreit eine 12-Jährige im Hallenbad auf. Das Mädchen zeigt nach draussen. «Ein Typ glotzte zu den Kindern hinein», erinnert sich Lukas K. «Er war halb hinter einem Busch. Gut möglich, dass er sich dabei einen runterholte.»
Der Spanner rennt zur Türe des Hallenbads. Der Lehrer rennt auch hin, versichert sich, dass die Türe abgeschlossen ist. Danach drückt Lukas K. den Alarmknopf. Am Lautsprecher ertönt eine Stimme, sagt, man kümmere sich darum. Und: Es sei gar nicht aufgefallen, dass ein Häftling weg ist.
Es folgen endlose Minuten. «Alle hatten Angst», sagt der Lehrer über seine Sechstklässler. «Die Kinder kannten alle diese tragische Geschichte von dem Mädchen, das von einem Häftling im Maisfeld getötet wurde.»
Im September 1989 hatte ein Sexualstraftäter von St. Johannsen auf Hafturlaub die 10-jährige Doris Walker geschändet und erschlagen.
Nach etwa zehn Minuten die nächste Lautsprecher-Durchsage der Anstalt: «Es hat sich erledigt.» Doch niemand will Lukas K. darüber aufklären, was mit dem spannernden Häftling passiert ist.
Die Schulkinder von Erlach und weiterer Gemeinden gehen trotz Eltern-Protesten weiterhin in St. Johannsen zum Schwimmunterricht.
*Name bekannt