Simon Küchler, alt Korpskommandant:
«Schmids Taktik war stümperhaft»

Jahrelang gehörte er der obersten Armeeführung an. Heute macht Simon Küchler Bundesrat Schmid massive Vorwürfe: Er habe gegen einfachste Führungsregeln verstossen.
Publiziert: 26.07.2008 um 16:25 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:17 Uhr
Interview: Christian Dorer und Marcel Odermatt

Der Niedergang der Schweizer Armee versetzt alt Korpskommandant Simon Küchler (71) in Rage. Seine Frau Marlis (71) erzählt bei unserem Besuch in ihrem Haus in Steinen SZ: «Er hat sich derart über die nach seiner Überzeugung unzweckmässigen Reformen aufgeregt, dass er 2002 gar einen Herzinfarkt erlitt.»

Herr Küchler, sorgen Sie sich auch heute noch um die Armee?
Simon Küchler:
Allerdings, es steht vieles im Argen.

Reden wir zuerst über die aktuellste Krise: Ist Armeechef Nef zu Recht zurückgetreten?
Es blieb keine andere Wahl. Mit Korpskommandant Nef verliert die Armee einen fähigen Offizier – und die Schuld an dieser Entwicklung trägt Bundesrat Schmid.

Wie das?
Schmid hat Nefs Nominierungsprozess mit einer unverantwortbaren Oberflächlichkeit abgewickelt.

Das ist ein harter Vorwurf.
Wenn der Anwärter auf den höchsten Posten der Armee Schmid eröffnet, es laufe ein Verfahren gegen ihn, ist es doch dessen Pflicht, sich über den Inhalt der Untersuchung ein Bild zu machen. Schmid hätte eine Sicherheitsprüfung ansetzen müssen, und zwar vor der Wahl durch den Bundesrat. Schmids Taktik war stümperhaft, seine Fehler sind unverzeihlich.

Schmid sagt, Nefs Privatleben interessiere ihn nicht.
Ein Armeechef darf Privates nicht vom Beruflichen trennen, dafür ist er zu exponiert. In einer solchen Position muss man wenigstens ein von der Öffentlichkeit akzeptierbares Leben führen – obwohl auch ich mich daran störe, wie jetzt viele voller Selbstgerechtigkeit mit dem Mahnfinger auf Nef zeigen. Schmid hätte ihm das Ganze ersparen können, hätte er die Nominierung korrekt durchgeführt.

Schmid ist überzeugt, der Bundesrat hätte Nef gewählt, selbst wenn er seine Kollegen über das Verfahren informiert hätte.
Das ist unglaublich! Damit bezichtigt Schmid den Gesamtbundesrat der gleichen Oberflächlichkeit, die er selber an den Tag gelegt hat.

Er spricht von «Vertrauen», das er Nef entgegengebracht habe.
Das wirkt ebenfalls mehr als unbeholfen. Offenbar kennt Bundesrat Schmid einen Führungsgrundsatz nicht mehr, den jeder Unteroffizier beherrscht: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Diese Pflicht zur Kontrolle hat Bundesrat Schmid in schwerwiegender Weise verletzt.

Für Sie ist die Krise also ein Fall Schmid und nicht ein Fall Nef.
Das Versagen des Herrn Bundesrat ist für mich ein Faktum – der Rücktritt Nefs beweist es. Schmid ist der Verursacher des Debakels, das wir heute erleben.

Ist er denn als Verteidigungsminister noch tragbar?
Ob er unter diesen Bedingungen politisch tragbar bleibt, müssen jene entscheiden, die ihn gewählt haben. Zu befürchten ist, dass letztlich parteitaktisch entschieden wird und nicht aufgrund der Sachlage. Der Image-Schaden für die Armee, den Schmid verursacht hat, ist jedenfalls beträchtlich.

Was sollte das Parlament jetzt tun?
Die ganze Affäre aufarbeiten. Zum Beispiel durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission PUK, die den Fall unter die Lupe nimmt. Zudem sollte ein Beratungsunternehmen die Abläufe im Verteidigungsdepartement genau untersuchen.

Die Armee macht einen desolaten Eindruck: Jungfrau-Drama, Kander-Unglück...
Diese Krise ist in der Tat kein Zufall. Sie ist eine Folge der Fehlkonstruktion der gesamten VBS-Hierarchie. Wen wunderts: Wenn Kader unterfordert sind, dann organisieren sie halt ein Plausch-Event mit Schlauchbooten. Das Grundübel liegt darin, dass die Miliz heute praktisch entmachtet worden ist und dass man glaubt, die WK-Truppen zentral durch einen überdimensionierten administrativen Apparat vom Schreibtisch in Bern aus führen zu können...

Liegt das Problem nicht ganz woanders: dass Soldaten schlicht keinen Sinn im Militärdienst sehen?
Man muss dem Soldaten den langfristigen Sinn und Zweck der Armee erklären. Man darf Sicherheitspolitik nicht kurzfristig betrachten. Wohl herrscht in Westeuropa erstmals ein stabiler Friede. Aber schauen Sie in die USA, nach China, Indien und Russland: Die rüsten alle ganz gewaltig auf. Wer weiss, welche Bedrohungen in Zukunft von fundamentalistischen Staaten ausgehen können? Dies ist für mich Grund genug, zur Sicherheit unserer Enkel eine glaubwürdige Armee zu erhalten.

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Persönlich
Simon Küchler (71) führte von 1993 bis 1999 das Gebirgsarmeekorps 3 (auf dem Bild mit dem damaligen Gardekommandanten Pius Segmüller in Rom). Heute ist Küchler Vizepräsident der Pro Militia, die sich für die Milizarmee einsetzt. Küchler war Rektor der Berufsschule Schwyz und wurde als Miliz-Brigadier zum Korpskommandanten befördert. Er lebt mit seiner Frau in Steinen SZ, hat vier Kinder und vier Enkel.
Simon Küchler (71) führte von 1993 bis 1999 das Gebirgsarmeekorps 3 (auf dem Bild mit dem damaligen Gardekommandanten Pius Segmüller in Rom). Heute ist Küchler Vizepräsident der Pro Militia, die sich für die Milizarmee einsetzt. Küchler war Rektor der Berufsschule Schwyz und wurde als Miliz-Brigadier zum Korpskommandanten befördert. Er lebt mit seiner Frau in Steinen SZ, hat vier Kinder und vier Enkel.
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