Sieben Mädchen missbraucht - Das jüngste war 6 Monate alt
Es geschah auf dem Wickeltisch

Damit sie schweigen gab der Pädophile den Opfern Süssigkeiten. Die Polizei fand 185'000 digitale Bilder.
Publiziert: 06.01.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:09 Uhr
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Daniel O. missbrauchte Mädchen und filmte sich dabei.
Foto: RDB
Von Viktor Dammann

Er suchte die Nähe zu Gott und zu kleinen Mädchen. Daniel O.* (31) arbeitete als Kleinkindererzieher. Privat engagierte er sich bei der christlichen Freikirche ICF. Eltern haben ihm vertraut. Am 22. Januar steht Daniel O. vor dem Zürcher Bezirks­gericht. Wegen mehrfacher Vergewaltigung, Schändung, sexueller Nötigung und Pornografie. Die Anklageschrift enthüllt, auf welch grässliche Weise er sieben Mädchen missbraucht hat.

Seine Opfer fand Daniel O. bei seiner Arbeit in Kinder­krippen oder beim privaten Babysitten. Sie waren zwischen sechseinhalb Monaten und fünfeinhalb Jahren alt.

Daniel O. schändete ein Baby 2010 mindestens viermal auf dem Wickeltisch. Mehrmals vergewaltigte er auch die Schwester des Mädchens. Der Babysitter hütete die Kinder zweimal pro Monat. Zwei weitere Opfer missbrauchte er ebenfalls während privater Hütedienste.

2009 arbeitete Daniel O. in einer mittlerweile geschlossenen Kinderkrippe in Volketswil ZH. Dort verging er sich an drei weiteren Mädchen.

Seine Opfer belohnte der Pädophile mit Süssigkeiten oder kleinen Geschenken in Form eines Schlüsselanhängers, schreibt Staatsanwalt Matthias Stammbach in der Anklageschrift. «Wobei er der Geschädigten auch sagte, wenn sie das gemeinsame Geheimspiel nicht mitspiele, erhalte sie keine Geschenke mehr.» Sie dürften das Erlebte niemandem verraten, da sonst die Eltern «böse» würden.

Bei einem Teil der Übergriffe liess der Kindererzieher seine Filmkamera laufen. Diese Aufnahmen tauschte er mit anderen Pädosexuellen über spe­zielle Foren im Internet.

Das wird Daniel O. zum Verhängnis. Die Schweizerische Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) entdeckt die Aktivitäten des Kinderschänders. Daniel O. wird am 11. März 2011 verhaftet. Auf seinen Festplatten lagerten insgesamt 185 000 digitale Bilddateien pornografischer Scheusslichkeiten.

Daniel O. hat ein vollumfängliches Geständnis abgelegt. «Er zeigt Reue und Einsicht. Gemäss Gutachten leidet er an ­einer komplexen Persönlichkeitsstörung und ist eine unreife Persönlichkeit», sagt sein Anwalt.

Der Gutachter beurteilt seine Schuldfähigkeit jedoch höchstens als leicht herabgesetzt.

Daniel O. befindet sich im vorzeitigen Massnahmenvollzug in der Strafanstalt Pöschwies.

Gerichtspsychiater Josef Sachs schätzt die Therapie bei solchen pädosexuellen Tätern als «ausgesprochen schwierig» ein. «Je jünger die bevorzugten Opfer sind, desto problematischer gestaltet sich die Behandlung der Täter. Die Therapieaussichten hängen unter anderem davon ab, ob ein Täter fähig ist, auch die Opferperspektive einzunehmen», sagt Sachs. «Viele solche pädophilen Täter sind egozentrisch, bagatellisieren ihre Handlungen und können kein Mitgefühl empfinden.»

Der Staatsanwalt will seinen Strafantrag erst beim Prozess bekannt geben. Daniel O. drohen bis 15 Jahre Zuchthaus.

* Name der Redaktion bekannt

«Kleinkinder speichern Erinnerungen unbewusst ab»

Frau Pauli*, können sich Babys und Kleinkinder im Erwachsenenalter an Missbräuche erinnern?
Dagmar Pauli:
Wenn das Kind vier Jahre und älter ist, können im Erwachsenenalter konkrete Bilder wieder auftauchen. Manche erinnern sich auch nur verschwommen. Bei einem Kind unter drei Jahren sind bewusste Erinnerungen unwahrscheinlich. Die Erinnerungen können aber im Gehirn unbewusst abgespeichert werden und später in einer anderen Form wieder hochkommen. Das kann sich in unbewussten Ängsten äussern.

Tragen missbrauchte Kinder ein Leben lang einen Schaden davon?
Nein, nicht zwingend. Ein kleines Kind kann noch korrigierende Erfahrungen machen. Es hat Ressourcen, negative Erlebnisse zu verarbeiten. Es kann wieder lernen, dass es bezüglich seines Körpers Grenzen setzen darf.

Wie verarbeiten Kinder einen Missbrauch?
Das ist je nach Alter unterschiedlich. Das hängt aber auch von der Art und der Schwere des Missbrauchs ab. Auch spielt es für das Kind eine Rolle, ob es von einer engen Bezugsperson missbraucht wird. Wenn es dem Täter nahesteht, kann es zusätz­lich auch noch in einen Loyalitätskonflikt geraten.

Wie versucht man, Kinder zu therapieren?
Wenn die Kinder alt genug sind, ab circa vier Jahren, dann spielen sie in der Therapie manchmal die erlebten Missbrauchsszenen nach. Dies wird aber von den Therapeuten nicht forciert. Wenn ein kleines Kind keine bewussten Erinnerungen an das Trauma des Missbrauchs hat, dann thematisieren wir das auch nicht in der psychologischen Beratung. Wir versuchen dann, die Symptome des Kindes, wie zum Beispiel Ängstlichkeit, zu behandeln.  Auch arbeiten wir bei Kleinkindern und Säuglingen vor allem mit deren Eltern, die dann in der Beziehung zum Kind das Erlebte gut auffangen sollen.

* Dagmar Pauli ist Chefärztin des Kinder- und Jugend­psychiatrischen Diensts der Universität Zürich
Dagmar Pauli.
Dagmar Pauli.

Frau Pauli*, können sich Babys und Kleinkinder im Erwachsenenalter an Missbräuche erinnern?
Dagmar Pauli:
Wenn das Kind vier Jahre und älter ist, können im Erwachsenenalter konkrete Bilder wieder auftauchen. Manche erinnern sich auch nur verschwommen. Bei einem Kind unter drei Jahren sind bewusste Erinnerungen unwahrscheinlich. Die Erinnerungen können aber im Gehirn unbewusst abgespeichert werden und später in einer anderen Form wieder hochkommen. Das kann sich in unbewussten Ängsten äussern.

Tragen missbrauchte Kinder ein Leben lang einen Schaden davon?
Nein, nicht zwingend. Ein kleines Kind kann noch korrigierende Erfahrungen machen. Es hat Ressourcen, negative Erlebnisse zu verarbeiten. Es kann wieder lernen, dass es bezüglich seines Körpers Grenzen setzen darf.

Wie verarbeiten Kinder einen Missbrauch?
Das ist je nach Alter unterschiedlich. Das hängt aber auch von der Art und der Schwere des Missbrauchs ab. Auch spielt es für das Kind eine Rolle, ob es von einer engen Bezugsperson missbraucht wird. Wenn es dem Täter nahesteht, kann es zusätz­lich auch noch in einen Loyalitätskonflikt geraten.

Wie versucht man, Kinder zu therapieren?
Wenn die Kinder alt genug sind, ab circa vier Jahren, dann spielen sie in der Therapie manchmal die erlebten Missbrauchsszenen nach. Dies wird aber von den Therapeuten nicht forciert. Wenn ein kleines Kind keine bewussten Erinnerungen an das Trauma des Missbrauchs hat, dann thematisieren wir das auch nicht in der psychologischen Beratung. Wir versuchen dann, die Symptome des Kindes, wie zum Beispiel Ängstlichkeit, zu behandeln.  Auch arbeiten wir bei Kleinkindern und Säuglingen vor allem mit deren Eltern, die dann in der Beziehung zum Kind das Erlebte gut auffangen sollen.

* Dagmar Pauli ist Chefärztin des Kinder- und Jugend­psychiatrischen Diensts der Universität Zürich
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