Sie sind alle tot
Die Geschichte von Emma und ihren Freundinnen

Die vier Mädchen sassen auf der Heimreise von ihren Skiferien im Wallis beisammen vorne im Car.
Publiziert: 15.03.2012 um 22:29 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:13 Uhr
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Emily (†11) Emily ist Emmas Cousine. Die zwei Mädchen waren schon als Kleinkinder unzertrennlich. Eline (†11) Sie ist seit der ersten Klasse Teil des Vierergespanns. Zusammen besuchten alle einen Hip-Hop-Kurs. Emma (†11) Ihre Familie, ihre Freundinnen und ihr Hund waren Emma am wichtigsten. Auch im Skilager teilten sich die Mädchen ein Zimmer. Emma (†11) Mit Emma sind die vier Musketiere vollständig. Sie stiess, wie Eline, in der ersten Klasse zu dem Cousinen-Gespann. (v.l.)
Foto: ZVG
Von Sandro Inguscio und Gita Topiwala aus Belgien

Vier Mädchen, vier beste Freundinnen. Eine Pyjama-Party, so fröhlich. So unbeschwert. Ein Foto wunderschön und schrecklich zugleich.

Denn Emma Molemans († 11) und ihre Freundinnen Emily († 11), Eline († 11) und Emma († 11) sind tot. Gestorben im Tunnel in Siders VS, auf dem Rückweg vom Skilager (BLICK berichtete). Sie sassen vorne im Unglücks-Car.

«Ich warte und hoffe immer noch, dass mich jemand anruft und mir sagt, dass alles ein schrecklicher Fehler ist. Dass meine kleine Emma doch noch lebt», sagt ihr  Vater Johan Molemans (50).

Der Elektromonteur aus dem belgischen Städtchen Lommel ist bei seinen beiden Söhnen (10 und 20) geblieben. Seine Frau ist in die Schweiz gereist. Um Emma nach Hause zu holen. In einem Sarg. Seine Tochter Emma, die am Dienstagabend starb. Seine Tochter Emma, von der der Vater gestern Morgen einen Brief in der Post hatte. Die Schülerin hatte ihn aus dem Skilager in Val d’Anniviers geschrieben.

«Ich vermisse Euch so fest.»

In fein säuberlicher Handschrift steht da auf zwei Seiten: «Hallo alle zusammen daheim! Ich bin heute Skilift gefahren. Mein Skilehrer ist so nett. Wir waren auch schon wandern. Danach sind wir auf einer Plastiktüte den Hang runtergerutscht. Am Abend singen wir gemeinsam Lieder, es ist so wunderschön hier.»

Johan Molemans Stimme bricht, als er den letzten Satz vorliest, den seine Tochter ihm  ­geschrieben hat. «Ich vermisse Euch so fest.»

«Es war ein Schock, als ich den Brief heute Morgen aus dem Briefkasten zog», sagt der Elektromonteur. «Trotzdem ist es schön, noch einmal von Emma zu hören und zu wissen, dass sie so wunderschöne letzte Tage erleben durfte.»

Emma starb, so wie sie gelebt hat: inmitten ihrer drei besten Freundinnen Emily, Eline und Emma. «Die vier waren unzertrennlich», sagt Johan Molemans. «Mit ihrer Cousine Emily ist Emma aufgewachsen, sie kennen sich, seit sie Babys waren. In der Schule kamen dann Eline und Emma dazu. Sie waren ein tolles Vierergespann. Haben alles zusammen gemacht.»

So teilen sich die vier Freundinnen auch im Skilager ein Zimmer. Für Emma ist es das erste Mal auf Ski. «Sie war noch nie in der Schweiz. Aber bei uns in Belgien ist es seit 40 Jahren Tradition, dass die 6. Primarklasse als Abschlussreise zum Skifahren in die Schweiz fährt», erklärt Molemans. «Emma hat sich so auf die Reise gefreut.»

Sie waren ein tolles Vierergespann

Das Mädchen mit den langen goldbraunen Haaren betrieb leidenschaftlich Sport. «Jahrelang war sie eine begeisterte Bodenturnerin – und sehr talentiert, da sie unglaublich gelenkig war», sagt ihr Vater stolz.

Seit einem Jahr hat Emma das Turnen allerdings an den Nagel gehängt. Sie will lieber zusammen mit ihren Freundinnen einen Hip-HopTanzkurs besuchen.

«Sie wollten immer alles zusammen machen, am liebsten jede Minute beisammen sein. Übernachtungspartys waren an der Tagesordnung», sagt Molemans. An einer solchen Pyjama-Party entstand auch dieses Foto.

«Emma war ein typisches Mädchen. Ihr Zimmer war in ihren Lieblingsfarben Pink und Lila eingerichtet», fährt der Vater fort. «Später wollte Emma Sport studieren und Lehrerin werden. Doch dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.»

Emmas kleiner Bruder Sam (10) hat noch nicht begriffen, dass seine grosse Schwester nie mehr nach Hause kommen wird. Immer wieder versucht er seinen Vater zu trösten. «Emma wacht bestimmt ganz bald wieder auf.»

Doch leider wird Emma, genau wie ihre besten Freundinnen Emily, Eline und Emma, nie wieder aufwachen.

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