«Sie sagen meistens, sie wollen ihre Familie anrufen»
Sei vorsichtig, wenn du diese Personen am Bahnhof triffst

In der Schweiz kursiert derzeit eine Betrugsmasche – vor allem an Bahnhöfen. Dabei nutzen die Betrüger die Gutgläubigkeit ihres Gegenübers aus. Blick hat bei der Polizei und den SBB nachgefragt.
Publiziert: vor 16 Minuten
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Aktualisiert: vor 10 Minuten
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Derzeit kursiert vermehrt eine Betrugsmasche an Schweizer Bahnhöfen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Betrüger täuschen leere Smartphone-Akkus vor und bitten um Powerbank-Kauf
  • SBB und Polizei sind über die Betrugsmasche informiert
  • Eine Powerbank kostet 5 Franken, plus 15 Franken Depot
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Alexander TerweyStv. Teamlead News-Desk

An Schweizer Bahnhöfen kursiert offenbar seit einigen Monaten eine Betrugsmasche. Die Betrüger setzen dabei insbesondere auf gutgläubige Reisende. Gegenüber Blick sagte ein Leser am vergangenen Montag, er habe zuletzt häufiger von solchen Betrugsfällen gehört. Doch was ist das für eine Masche?

Die Betrüger sprechen dabei am Bahnhof fremde Personen an. Sie geben vor, der Akku ihres Smartphones sei leer. Geld haben sie, wie es der Zufall so will, nicht dabei.

Powerbank-Betrug

Ziel ist es, die andere Person dazu zu bringen, ihnen eine Powerbank an einem der Automaten oder Kioske im Bahnhof zu kaufen, damit sie ihr Smartphone aufladen können. Eine Powerbank des Anbieters Chimpy kostet am Bahnhof 5 Franken. Hinzu kommen 15 Franken Depot.

Auf dieses Depot haben es die Betrüger abgesehen. Die Powerbank geben sie an einer Annahmestelle zurück, sobald ihr vermeintlicher Helfer in der Not verschwunden ist. Logisch, der Smartphone-Akku ist ja auch gar nicht leer. Und zack, 15 Franken reicher.

«Sie sagen meistens, sie wollen ihre Familie anrufen»

Die «Limmattaler Zeitung» berichtete vergangene Woche über diese Masche an Zürcher Bahnhöfen.

Im Forum Reddit warnte ein Nutzer zudem vor einigen Monaten vor auffälligen Personengruppen in Zürich, etwa an den Bahnhöfen Stadelhofen und Oerlikon. «Sie sagen meistens, sie wollen ihre Familie anrufen, haben aber kein Geld und bitten Leute, ihnen ein Chimpy-Ladegerät zu kaufen, um ihr Handy aufzuladen», so der Nutzer. Ein anderer Nutzer nannte die Masche einen «alten Scam, nichts Neues».

«Die SBB hat Kenntnis darüber»

Auch den SBB ist die Mache bekannt. Eine Sprecherin sagt auf Nachfrage von Blick: «Die SBB respektive die Transportpolizei der SBB hat Kenntnis darüber, dass diese Betrugsmasche vereinzelt auftritt.» Die Transportpolizei analysiere permanent die Lage im Bahnumfeld und stehe schweizweit in engem Kontakt mit den jeweils zuständigen Behörden.

«Die SBB nimmt Vorfälle von Betrug und kriminellen Aktivitäten an Bahnhöfen ernst», so die Sprecherin weiter. Reisende, die einen Vorfall beobachten oder selbst betroffen sind, sollten die örtliche Polizei unter der Nummer 117 oder die SBB Transportpolizei unter der Nummer 0800 117 117 kontaktieren.

Auch der Polizei ist die Masche teilweise bekannt

Und die Polizei? «Die Masche mit Powerbanks wurde bei der Stadtpolizei Zürich bisher noch nie angezeigt», sagte ein Sprecher gegenüber Blick. Für den Hauptbahnhof in Zürich ist indes die Kantonspolizei zuständig.

Hier heisst es wiederum auf Nachfrage, man führe keine spezifische Statistik zu einzelnen Vorgehensweisen des Bettelns. Zwar habe man mit den relevanten Suchbegriffen keine entsprechenden Meldungen finden können. «Dies bedeutet aber nicht, dass wir noch keine solchen Meldungen erhalten hätten.»

«Die Vorgehensweise ist der Kantonspolizei Bern als mögliche Betrugsmasche bekannt», sagte eine Sprecherin gegenüber Blick. «Bislang haben wir jedoch keine entsprechenden Bürgermeldungen in Bern erhalten.»

Der Luzerner Polizei ist die Masche unterdessen nicht bekannt. «Es ist jedoch durchaus möglich, dass entsprechende Fälle vorkommen, ohne dass sie bei der Polizei gemeldet werden», heisst es auf Anfrage.

Wie soll ich mich verhalten?

Wo kein Kläger, da kein Richter. Viele gutgläubige Helfer merken nicht, dass sie getäuscht wurden. Die Stadtpolizei Zürich rät, kein Geld zu geben und es der Polizei zu melden, wenn bettelnde Personen angetroffen werden.

Und auch die Kantonspolizei Bern rät zu gesunder Vorsicht. «Wenn unbekannte Personen spontan um Geld, Einkäufe oder andere finanzielle Gefälligkeiten bitten, ist besondere Aufmerksamkeit geboten», sagte die Sprecherin zu Blick. Bürger sollten verdächtige Situationen, etwa auffällige Ansprachen oder aufdringliches Verhalten, unter den Nummern 112 oder 117 melden.

Weiteres Problem: In der Schweiz gibt es kein einheitliches Bettelverbot. In einigen Kantonen gilt ein generelles Bettelverbot, in anderen lediglich ein eingeschränktes Verbot. Wiederum in anderen Kantonen entscheiden die Gemeinden.

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