Donnerstag 6. November, 6 Uhr: In einer koordinierten Aktion verhaftet die Züricher Stadtpolizei sechs Jugendliche. Die Oberstufenschüler im Alter von 12 bis 14 Jahren, Ausländer und eingebürgerte Schweizer, gehen alle im Schulhaus Buhnrain in Zürich-Seebach zur Schule. Sie besuchen dort die Real- oder Oberschule. Ihnen wird vorgeworfen, mehrere gleichaltrige Mädchen sexuell belästigt zu haben.
«Ja, das haben wir gemacht», bestätigt der 14-jährige Milo C.* gegenüber SonntagsBlick. «Es war sicher nicht gut und ich schäme mich dafür», sagt er und schaut verstohlen zu seiner Mutter.
Viele Eltern fragen sich, wie es so weit kommen konnte? Genau vor einem Jahr wurde die erste Sex-Affäre publik. Damals verhafete die Polizei 13 Jugendliche aus dem Schulhaus Buhnrain unter dem Verdacht der Vergewaltigung. In Projektarbeiten versuchen die Lehrer seither den Schülern klar zu machen, wo die Grenzen sind.
Daran hielten sich die sechs Jugendlichen nicht. Milo: «Es war für uns halt ein Spass. Die Mädchen haben dies anfänglich ja auch so verstanden.» Die Belästigungen geschahen auf dem Pausenplatz und auf dem Schulweg. «Es begann eigentlich ganz harmlos. Einer küsste eine, sie hatte nichts dagegen. Da küssten die andern sie auch. Danach haben wir begonnen, sie überall anzufassen – an den Brüsten, am Po und zwischen den Beinen.» Die Mädchen wollten das nicht. Immerhin: «Als sie Nein sagten, haben wir auch aufgehört», sagt Milo.
Unter den Tätern befindet sich auch Enver P.* (13). Er ist der jüngere Bruder von Arcan P.*, der beim ersten Sex-Skandal vor einem Jahr verhaftet wurde. Sein Bruder sass mehrere Wochen in Untersuchungshaft und musste anschliessend in ein Erziehungsheim. Offenbar machte Enver P. weder die Verhaftung seines Bruders noch die Konsequenzen daraus Eindruck. Im Gegenteil: Enver P. gilt als Anführer der Gruppe.
Er fällt nicht zum ersten Mal negativ auf. Er störte immer wieder den Unterricht und war gewalttätig. Deswegen musste er sogar einen Verhaltensvertrag mit dem Lehrer unterzeichnen. Hält er ihn nicht ein, droht ihm der Ausschluss aus der Schule. Seit diesem Sommer unterrichtet eine erfahrene Lehrerin die Klasse mit Enver P. Nach Recherchen des SonntagsBlicks forderte sie schon Mitte September die sofortige Versetzung des Albaners. Doch die Kreisschulpflege winkte ab und soll von der Lehrerin gefordert haben, erneut einen Verhaltensvertrag mit Enver P. auszuarbeiten. Die Schulleitung war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Mächtig eingefahren ist die Verhaftung dagegen Milo C. «Ich wurde sogar in Handschellen gelegt.» Nächste Woche geht er andernorts wieder zur Schule. Er verspricht: «Ich werde mich bei den Mädchen entschuldigen.»
*Namen geändert