Heute muss Alain W.* (50) seinen Sohn Paul († 19) zu Grabe tragen. Der Handelsmaturand an der École professionnelle de Lausanne hat sich das Leben genommen. Weil er glauben musste, er habe die Maturaprüfung nicht bestanden (BLICK berichtete). Dabei war es nur ein Fehler im Internet.
Das Drama schockt die Schweiz. Jetzt spricht der Vater, Werbefachmann aus Belmont-sur-Lausanne, im BLICK: «Paul war ein fröhlicher Junge. Er hatte keine Persönlichkeitsstörung. Er war weder trübsinnig noch depressiv. Wieso musste das passieren?», so Alain W. fassungslos.
Passiert ist es, weil Pauls Name nicht auf der im Internet veröffentlichten Liste der erfolgreichen Maturaabsolventen stand. Er wurde vergessen!
Vater: Der Lehrer hat korrekt und nett geantwortet
Alain W. erzählt: «Es war ein Fehler, dass mein Sohn nicht auf der Liste stand. Aber er hat am Freitag noch ein E-Mail an seinen Lehrer geschickt, um nachzufragen.» Der Lehrer habe korrekt und nett geantwortet, so der Vater. Paul solle nicht in Panik ausbrechen und sich bis Montag gedulden. Da würden die Resultate offiziell bekannt gegeben.
Alain W. ringt um Fassung. «Nur, als der Lehrer die E-Mail-Antwort abgeschickt hatte, war mein Sohn schon tot. Er konnte nicht zwei Stunden lang warten. Dabei hätte er doch wissen müssen, dass man E-Mails nicht immer gleich liest und beantwortet.»
Fragen über Fragen quälen den Vater, der gerade sein Kind verloren hat. «Wieso konnte er die Antwort des Lehrers nicht abwarten? Und wieso hat Paul nicht an sich geglaubt?»
«Paul hat in der Schule hart gearbeitet. Und seine Prüfungsresultate waren dementsprechend nicht schlecht. Eigentlich war Paul recht selbstbewusst, was das Prüfungsresultat anbelangt», sagt Alain W., «nur ein leichter Zweifel war da, weil er in den Sprachen etwas Schwierigkeiten hatte. Dafür hatte er in Mathematik sogar eine 6.»
Die Unsicherheit erträgt er nicht
Trotzdem bricht für Paul, der neben der Schule in einer Baufirma arbeitet, die Welt zusammen. Die Unsicherheit, versagt zu haben, erträgt er nicht. Alain W.: «Wir mussten Paul nie motivieren zu lernen. Er machte sich selber am meisten Druck. Darum richtete sich wohl seine Wut gegen sich selbst. Und nicht gegen uns oder einen seiner Lehrer.»
Muss der Tod von Paul keine Konsequenzen haben? Der Vater: «Wir müssen uns jetzt fragen, ob es richtig ist, die Resultate übers Internet zu verschicken. Es ist vielleicht gefährlich, die jungen Menschen mit den Resultaten allein zu lassen. Wieso kann man nicht die Schüler, die die Prüfung nicht geschafft haben, vorher telefonisch kontaktieren?»
Auch Pauls Freundin Mara L.* (20) ist fassungslos: «Ich kann nicht darüber sprechen, sonst muss ich durchgehend weinen.»