Schweizer Soldaten bewachen Kaserne mit durchgeladener Waffe
«Das macht uns Angst»

BÜLACH ZH – Mit dem scharfen Wachtbefehl will die Armee Terroristen abschrecken. Aber sie verschreckt vor allem die Nachbarn.
Publiziert: 10.01.2008 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:36 Uhr
Von Karin Baltisberger

Militärkaserne Bülach. Auch hier schieben die Soldaten seit dem 1. Januar Wachtdienst mit durchgeladener Waffe.

Sobald das Wachtlokal verlassen wird, müssen die Männer Munition ins Magazin einsetzen und die Ladebewegung ausführen. Damit sie im Terrorfall schneller reagieren können.

Die neue Weisung erliess Bundesrat Samuel Schmid im Dezember. Unbemerkt von Parlament und Bevölkerung (im BLICK).

Den Anwohnern der Kaserne Bülach gefällt das überhaupt nicht. «Ich habe Angst», sagt Helmut Beer (58). Was, wenn sich ein Schuss löst? «Der könnte ja mich oder einen anderen Passanten treffen.»

Auch Liselotte Urbanus (75) hat kein Verständnis: «Ich sehe ja ein, dass man während Kriegszeiten geschützt werden muss. Aber doch nicht jetzt. Das ist Blödsinn.» So würden nur unnötige Unfälle passieren.

Und Dominik Lauber (26) findet sogar: «Die Soldaten sollten überhaupt keine Waffen tragen.» Dies sei doch ein friedliches Land.

Keine Sorgen macht sich hingegen Igor Nikolic (23): «Ich war selber im Militär und weiss: Die Sicherung an der Waffe genügt. Da passiert nichts.» Viel wichtiger sei, dass das Gewehr nach dem Militärdienst in der Kaserne bleibt. «So kann man Schlimmes verhindern.»

Die Armee verfügt heute über rund 500 Gemeindeunterkünfte, in die Truppen einquartiert werden können.

Besonders brisant: «Bei den gemeindeeigenen Truppenunterkünften handelt es sich mehrheitlich um Zivilschutzanlagen, welche sich in der Nähe von Turnhallen und damit von Schulen und Kindergärten befinden», bestätigt VBS-Sprecher Christian Burri gegenüber BLICK.

Rund 250 Unterkünfte sind das. Und in allen schieben die Soldaten künftig mit durchgeladener Waffe ihren Wachtdienst.

Fast in allen. Als erste Gemeinde hat das jetzt Affoltern am Albis ZH bei ihrer Unterkunft verboten. Der Entscheid fiel im Gemeinderat einstimmig.

«Unsere Militärunterkunft steht mitten im Dorf neben Wohnungen», sagte Gemeindepräsidentin Irene Enderli gegenüber «10vor10».

Für sie und ihre Gemeinderatskollegen steht fest: Es gibt keinen Anlass und keine Bedrohung, die das Tragen einer durchgeladenen Waffe rechtfertigen.

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