Schweizer Philosoph Alain de Botton kritisiert Dating-Apps
«Tinder ist ein Feind der Liebe»

Alain de Botton ist kein Fan von Dating-Apps. Die Technologie sei nur daran interessiert, Menschen zusammenzubringen, kritisiert er – und nicht Probleme in der Partnerschaft auszuräumen.
Publiziert: 10.10.2016 um 20:05 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:10 Uhr
Tinder-Nutzer: «Technologie ist nur am Zusammenbringen interessiert.»
Foto: AP

Gerade bei jungen Menschen stehen Dating-Apps wie Tinder, Lovoo oder Badoo hoch im Kurs. Tausende knüpfen mit den Handy-Programmen Kontakte, Flirten und Chatten.

Einer der mit dem Trend indes nur wenig anfangen kann, ist Alain de Botton (46). Der Schweizer Philosoph bezeichnet in einem Interview mit dem «Tages–Anzeiger» Tinder sogar als «Feind der Liebe».

Philosoph de Botton: «Romeo und Julia haben eine massive neurotische Störung.»
Foto: MARK CHILVERS

«Die Liebes-Apps aus dem Silicon Valley gehen alle von einer romantischen Idee des perfekten Zusammenpassens aus», sagt de Botton. Das Problem dabei sei, dass es keine perfekten Paare geben, weil niemand perfekt sei und alle Probleme in die Partnerschaften einfliessen. 

Das führe zu grossem Unglück, so de Botton, «da wir trotz des vermeintlichen Matchs hinter dem schönen Ideal zurückbleiben». Es sei bezeichnend, das es keine Apps gebe, die einem Helfen, seinen Partner besser zu verstehen. De Botton kritisiert: «Die Technologie ist nur am Zusammenbringen interessiert.»

«Romane ruinieren Liebesverständnis»

Mit «Der Lauf der Liebe» (Fischer-Verlag) hat de Botton, der heute in London lebt und auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, eben einen neuen Liebes-Roman vorgelegt – dabei hält er von diesem Literatur-Genre nur wenig. 

«Romane haben das Liebesverständnis so vieler Menschen ruiniert», sagt er im «Tagi»-Interview. «Wenn man zu viele Liebesromane gelesen hat, kann man sich leicht in der Situation wiederfinden, dass man nachts neben seinem Partner liegt und denkt: ‹Das ist nicht das, was ich erwartet habe. Ich muss mich wohl scheiden lassen›.»

Zu Shakespeares «Romeo und Julia», das die europäische Kultur als «schönste Liebesgeschichte verehrt», sagt de Botton wenig romantisch: «Das sind zwei durchgeknallte Teenager, die sich selbst umbringen. Die zwei haben eine massive neurotische Störung und wären heute einen Fall für den Psychiater.» (bau)

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