Ringier-Anwalt Matthias Schwaibold über Tierschützer Erwin Kessler (†77)
Nachruf auf einen treuen Feind

Die Erfolgsquote Kesslers gegen mich war nicht sehr eindrücklich, aber ich muss zugeben: Er beherrschte das Prozessieren ziemlich gut – und manche der Erfolge, die er errang, beeindruckten mich. In der Nacht auf den 24. September hörte sein Kämpferherz auf zu schlagen.
Publiziert: 25.09.2021 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2021 um 16:07 Uhr
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Erwin Kessler ist in der Nacht auf den 24. September gestorben.
Foto: Thomas Meier

Dr. Erwin Kessler hat mich ein Anwaltsleben lang begleitet: Er war mein Gegner in meinen ersten Prozessen, in welchen es um Persönlichkeitsschutz ging. Und die letzten Verfahren gegeneinander liegen nicht lange zurück. Das Bezirksgericht Münchwilen verdankte ihm während Jahrzehnten wohl seine Auslastung, denn Kessler liess nichts durchgehen, was ihm nicht passte. Da gingen er und seine Anhänger konsequent an, und sicher auch immer wieder über die Grenzen.

Nur einmal in meinem Leben wurde ich als Anwalt direkt bedroht: Das war nach einer mündlichen Verhandlung, als die überwiegend weibliche Begleiterschar Kesslers in das mir zugeteilte Anwaltszimmer eindrang und mich – höchst unfreundlich, um es freundlich zu sagen –, umringte und ihrem Unmut über mein zuvor gehaltenes Plädoyer laut und gestikulierend Ausdruck gab. Zwar unterblieb letztlich jeder körperliche Angriff, aber ich gebe zu: Es war höchst unangenehm, ganz allein der aufgebrachten Überzahl gegenüberzustehen.

Vermutlich war es auch ab jener Verhandlung, dass mich Kessler im Internet als den «jüdischen Anwalt von Ringier» bezeichnete. Die Vorstellung, dass es anders sein könnte, ging ihm offenbar nicht in den Kopf, und die falsche Etikette musste in sein doch etwas verschrobenes Weltbild perfekt passen.

Die Erfolgsquote Kesslers gegen mich war nicht besonders eindrücklich, aber ich muss zugeben: Er beherrschte das Prozessieren ziemlich gut, führte die Verfahren meist selbst und ohne Anwalt, und er ging grundsätzlich mit allem durch alle Instanzen, die Ausnahmen waren selten.

Mit den Jahren wurde Kessler persönlich freundlicher, wenn wir uns vor Gericht sahen, insbesondere kam er meist alleine. Ich verhehle nicht, dass mich manche der Erfolge, die er teils beim Bundesgericht, teils vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg errang, durchaus beeindruckten, und ohne jedes persönliche Ressentiment kommen die auch in meiner Vorlesung über Medienrecht zur Sprache.

Natürlich werde ich weder ihn als Person noch seine rechthaberische Haltung vermissen – aber einen gewissen Respekt habe ich vor jemandem, der zwar ausserhalb des Normalmasses denkt und handelt, aber dabei gelegentlich die normale Welt des Rechtsstaats zwingt, die eigenen Grenzen richtig zu ziehen und auch dem Unangenehmen und Unerwünschten Freiraum zu gewähren.

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