Reto Cantieni (65) stöhnt und dreht sich auf die andere Seite. Er liegt im Spitalbett. Der pensionierte Hotelier hat gebrochene Rippen und ist noch stark benommen. Von einem Betäubungsmittel.
«Eine Rumänin hat mir irgendetwas ins Bier geschüttet», sagt er wütend. «Dann hat sie mir alles gestohlen, was mir wichtig ist. Sie hat mich so was von reingelegt.»
Dabei wollte er ihr nur etwas Schönes kochen. Die etwa 30-jährige Frau spricht Reto Cantieni am Samstagnachmittag in einer Bar in Arbon TG an: «Sie hat sich an meinen Tisch gesetzt und erzählt, sie sei Rumänin und feiere Geburtstag. Ihren dreissigsten.»
«Ich habe mich verliebt»
Die Frau ist betrunken – oder gibt vor, es zu sein. In gutem Hochdeutsch erklärt sie Cantieni, sie habe sich in ihn verliebt. Dann küsste sie ihn. Trotz der etwas abenteuerlichen Geschichte wird er nicht misstrauisch. «Die Frau war gepflegt und gut gekleidet, mir gefiel ihre Brille. Ich hatte keinen Grund, sie abzuweisen», erzählt der betrogene Galan.
Reto Cantieni nimmt die Unbekannte mit in seine Einzimmerwohnung in Horn TG. «Sie setzte sich vor das Cheminée, ich kochte einen Topf mit Bohnen, Speck und Kartoffeln. Damit sie bei Kräften bleibt.»
In der Küche öffnet er ein Bier. Sie schenkt sich ein Glas ein, er trinkt aus der Flasche. Dabei fällt ihm etwas auf: «Nach dem Einschenken hat sie die Flasche geschüttelt. Ich fand das etwas komisch.» Trotzdem trinkt er weiter. Ein fataler Fehler. Was immer in der Flasche ist, es wirkt sofort. Der Pensionär torkelt durch die Wohnung. Er fällt auf den Marmor-Salontisch. Der zerbricht. Reto Cantieni bleibt ohnmächtig liegen.
Pistole, Laptop, alles weg!
Als er einen Tag später wieder zu sich kommt, sind viele seiner Sachen verschwunden: Die Ordonnanz-Pistole aus seiner Zeit als Grenadier-Leutnant, drei teure Uhren, eine Notensammlung und verschiedene Ringe. Dazu ein Laptop, ein iPad und ein brandneues Smartphone.
Reto Cantieni geht zur Polizei. Die untersucht den Fall mit Hochdruck. «Wir haben alle Spuren in der Wohnung in Horn gesichert und die Ermittlungen aufgenommen», sagt Daniel Meili von der Kantonspolizei Thurgau.
Für Cantieni ist das ein schwacher Trost. Ihm bleibt nur eine immense Wut. Und das grosse Aufräumen.