Eigentlich freut sich René Weber (56) über Post. Doch die Pakete, Briefe und Postkarten, die der Anwendungstechniker aus Frauenfeld in den letzten fünf Jahren nahezu wöchentlich aus seinem Briefkasten fischen musste, liessen seinen Geduldsfaden reissen. Denn: Es ist Post, die überhaupt nicht an René Weber adressiert ist.
«Auf den Briefen steht weder mein Name, noch meine Adresse. Trotzdem landen sie immer wieder bei mir im Kasten», sagt Weber. Doch er ist gewissenhaft. Statt die Post einfach zu zerreissen, kümmert er sich um die erneute – diesmal erfolgreiche – Zustellung.
«Ich habe die falschen Zusendungen immer wieder zur Hauptpost gebracht und reklamiert. Da war alles dabei. Briefe an Männer, Frauen, Ausländer und Firmen. Lohnabrechnungen, Kontoauszüge, private Karten, Liebesbriefe, sogar hochsensible Labordaten», sagt der 56-Jährige. Trotz Beschwerden geht der Spuk weiter. Auch ein Hinweisschild nützt nichts. Irgendwann beginnt Weber, die Falschzustellungen nur noch in einen Briefkasten zu werfen.
«Die Ausreden der Post hatte ich satt. Mal war ein Lehrling schuld, mal der Pöstler. Doch mit den Briefen liess man mich allein.» Ende letzten Jahres rechnet er die Unannehmlichkeiten auf und fordert von der Post eine Aufwandsentschädigung für Zeit, Parking, Porto und Fahrkilometer in Höhe von 325.90 Franken.
Doch ausser mehreren Entschuldigungsschreiben geht Weber leer aus. Stattdessen flattert weiter falsch zugestellte Post in seinen Briefkasten. Weber ist sauer: «Ich komme mir langsam vor wie ein Frachtzentrum. Warum die Pöstler ihre Sendungen immer wieder bei mir platzieren, ist und bleibt ein einziges Rätsel.»
Die Post gibt sich reuig: «Dass Briefe über eine längere Zeit falsch zugestellt werden, dürfte nicht passieren und ist in dieser Form eine Ausnahme», sagt Post-Sprecher Bernhard Bürki. «Ich kann deshalb den Ärger unseres Kunden nachvollziehen. Die Post entschuldigt sich dafür.» Die Lösung: «Die betroffenen Mitarbeitenden in der Zustellung, darunter hat es auch viele Lernende, wurden in diesem speziellen Fall aufgefordert, vor der Zustellung jeweils die Adressierung noch einmal zu prüfen.»
René Weber hat wenig Hoffnung: «Gerade habe ich wieder einen Brief für meinen Nachbarn bekommen. Der kann auch nur noch den Kopf schütteln.»