Seit Herbst 2019 sind Severin S.* (25) und Jana P.* (31) ein Paar. Jetzt wird die junge Liebe auf eine harte Probe gestellt. Denn der Schweizer und die Russin haben sich wegen Corona seit knapp fünf Monaten nicht mehr gesehen.
«Die Sehnsucht ist sehr gross», sagt der gebürtige Nidwaldner zu BLICK. «Da wir auch noch nicht so lange zusammen sind, ist es für uns enorm wichtig, uns richtig zu sehen, um zu schauen, wie sich die Beziehung entwickelt», erklärt der Wirtschaftsstudent der Uni Zürich.
Der Journalistin aus St. Petersburg macht die Trennung auch schwer zu schaffen. «Mir fehlt sein Geruch, das Aufwachen neben ihm und dass wir keine Möglichkeit haben, etwas gemeinsam zu unternehmen oder auch einfach nur nebeneinander zu sitzen und nichts sagen – online fühlt sich das alles unnatürlich an», sagt sie.
Das Paar wollte im Juli zum Baikalsee reisen
S. und P. hatten sich durch eine gemeinsame Freundin im Frankreich-Urlaub letzten Sommer kennengelernt. Einige Monate später funkte es zwischen den beiden jungen Leuten. Seither besuchte Jana P. ihren Liebsten einmal in der Schweiz und Severin S. reiste dreimal nach Russland.
Zuletzt im Februar 2020 an Janas Geburtstag. Die beiden planten eine Reise mit transsibirischen Eisenbahn bis zum Baikalsee im Juli. Doch das Coronavirus machte alle Pläne zunichte. «Schade, dass keiner von uns in einem unserer Länder steckengeblieben ist. So hätten wir die Isolation gemeinsam verbringen können», sagt die 31-Jährige.
Obwohl P. ein gültiges Schengen-Visum hat und auch S. vergleichsweise einfach nach St. Petersburg reisen könnte, machen die geschlossenen Grenzen in Russland und die restriktiven Einreisebeschränkungen für russische Staatsbürger in die Schweiz ein Wiedersehen unmöglich. «Wir hätten niemals gedacht, dass wir uns wegen Corona so lange nicht sehen werden», sagt der Schweizer.
SEM erteilt eine Abfuhr
Severin S. hatte sich bereits an das Staatssekretariat für Migration (SEM) gewandt – ohne Erfolg. Personen aus einem Nicht-Schengen-Staat wie Russland dürfen bis auf Weiteres nur in Situationen der äussersten Notwendigkeit in die Schweiz einreisen, heisst es. «Einreisen zwecks Besuchen bei Liebesbeziehungen von nicht verheirateten oder nicht registrierten Partnerschaften oder von Paaren ohne gemeinsame Kinder stellen keine Situation der äussersten Notwendigkeit dar», schrieb ihm das SEM.
«Wir hängen jetzt in der Luft und sind absolut machtlos. Weil wir nichts planen können, fehlt auch die Vorfreude. Das ist besonders schlimm», sagt der 25-Jährige. «Die Ungewissheit ist sehr ermüdend – die Grenzöffnungstermine werden ständig verschoben. Die eine Sache ist, wenn man ganz genau weiss, was man zu erwartet hat und eine ganz andere, die Hoffnung auf ein Wiedersehen jedes Mal zu begraben», sagt seine Freundin.
Russischkurs über Videotelefonie
Die Pandemie habe ihre Gefühle füreinander jedoch nur stärker gemacht, sagt sie. «Während der Selbstisolation hatten wir mehr Zeit für Gespräche und das hat uns einander näher gebracht. Da ich gelernte Lehrerin für Russisch als Fremdsprache bin, habe ich angefangen, ihm die Sprache beizubringen. Bald sind wir mit der Basisstufe fertig.»
«So haben wir eine weitere gemeinsame Sache, die uns verbindet», sagt er. «Wir tauschen uns auch über die Eigenarten in unseren Ländern aus – was typisch russisch und was typisch schweizerisch ist», sagt der Student.
Wann sich Severin S. und Jana P. wieder in die Arme schliessen können, ist noch unklar. Das Paar hat auch noch keine konkreten Pläne für das erste Treffen nach der langen Zeit. Er sagt: «Es ist eigentlich egal, Hauptsache wir sind zusammen.»
* Name bekannt