Das Ausland blickt zum heutigen Frauenstreiktag auf die Schweiz. Die BBC erinnert daran, dass sich Schweizer Frauen nach dem Ersten Weltkrieg 1918 Millionen anderer Frauen in Europa anschlossen und das Wahlrecht forderten – es aber erst 1971 erhielten.
«Schweizer Frauen streiken für mehr Geld, Zeit und Respekt», so die Headline. Beim letzten und ersten Frauenstreik 1991 in der Schweiz, wundert sich die BBC, habe es noch keine Bundesrätin und keinen Mutterschaftsurlaub gegeben.
Und vergangenen Monat habe die Schweiz in einer Umfrage der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bei Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen in höheren Positionen auf den letzten Plätzen rangiert.
Schweiz eines der «rückständigsten Länder Europas»
Der «Spiegel» bemerkt, dass die Schweiz bezüglich Gleichberechtigung zu den rückständigsten Ländern Europas zählt. Das Magazin fragt die Leser: «Wussten Sie, dass Frauen im Kanton Appenzell bis 1990 nicht wählen durften? Dass sie noch bis 1988 verpflichtet waren, den Haushalt zu führen?»
Vergewaltigung in der Ehe war in der Schweiz bis 1992 straffrei, erfahren Leser, und Vätern steht nach der Geburt ihres Kindes noch heute nur ein einziger freier Tag zu.
Doch «typisch schweizerisch» stehe der Konsensgedanke und Kompromiss, auf denen das gesamte demokratische System aufgebaut sei, im Vordergrund, so der «Spiegel»: «Galt 1991 noch das Motto ‹Wenn Frau will, steht alles still›, sind diesmal erstaunlich viele Streikwillige und Arbeitgeber darum bemüht, die Arbeitsniederlegung möglichst konfliktfrei zu gestalten.»
«Sehr konservatives und ungleiches Land»
«Dies ist immer noch ein sehr konservatives und ungleiches Land», zitiert France24 die Gewerkschafterin Vanessa Monney aus Lausanne. «Es ist 38 Jahre her, dass die Gleichstellung der Geschlechter in die Verfassung aufgenommen wurde, und doch ist diese immer noch nicht verwirklicht.» Das Lohngefälle habe in den letzten Jahren sogar noch zugenommen.
Feminismus und Streik seien in der Schweiz noch immer Tabu-Worte, so das französische Nachrichtenportal. Womöglich sei die «patriarchale Kultur» der Schweiz etwas durch die #metoo-Bewegung aufgeschreckt worden.
Die Nachrichtenagentur Reuters betont in ihrem Vorbericht zum Frauenstreik, dass Schweizer Frauen noch immer für gleiche Löhne und Renten sowie Massnahmen gegen Diskriminierung und sexuelle Belästigung kämpfen würden. (kes)