Majestätisch thront das Alten- und Pflegeheim Ob dem Holz über der Gemeinde Rehetobel AR. Hinter den Türen des Heims erlebt Migg Z.*(53) einen Albtraum. Der ehemalige Marktfahrer erlitt vor zwei Jahren eine Hirnblutung. Seit Juli 2011 lebt er mit 15 weiteren Bewohnern im Pflegeheim. Er ist inkontinent, macht sich immer wieder in die Hosen. Das wird dem Heimbewohner zum Verhängnis.
Am 20. Juli 2013 stecken zwei, drei Pflegerinnen Migg Z. in ein buntes Blumenkleid. Zur Strafe. «Eine sagte: Jetzt ziehen wir ihm einen Rock an. Darauf zogen sie mir das Kleid an. Sie fanden es lustig», sagt der IV-Rentner zu BLICK. Fast 45 Minuten muss der Gehbehinderte hilflos und gedemütigt über den Flur wandern. Er kann sich nicht selbst umziehen. Im Frauenkleid, seine Hose in der Hand tragend, entdeckt ihn eine Angestellte beim Lift. «Sie hat ihn sofort umgezogen», sagt die Heim- und Pflegedienstleiterin Viola Kühnhold (43).
Pflegerinnen wurde gekündigt
Erst nach ihrer Rückkehr aus den Ferien habe sie von einer Mitarbeiterin vom Vorfall erfahren, den die «Appenzeller Zeitung» öffentlich machte. Die Altersheimkommission hat inzwischen vier Pflegerinnen gekündigt, die daran beteiligt gewesen sein sollen. Auch Kühnholds Stellvertreterin muss gehen. «Sie hätte sofort handeln müssen», sagt die Heimleiterin. «Ein solches Verhalten können wir nicht akzeptieren. Die Würde unserer Heimbewohner geht immer vor. Auch wenn diese Arbeit schwierig sein kann.»
Eine der entlassenen Pflegerinnen war bei der Tat gar nicht anwesend. Trotzdem musste sie nach zwölf Dienstjahren gehen. «Sie war die Initiantin», sagt Kühnhold. Schon im März habe sie sich lautstark über Migg Z. geärgert und gedroht: «Ich werde ihm einen Rock anziehen, wenn es so weitergeht.» Darauf eine Kollegin: «Er braucht einen Denkzettel.» Beide seien abgemahnt worden.
Zwei Tage vor dem Vorfall drohte die Frau erneut, Z. einen Rock anzuziehen. Sie fuhr anschliesend in die Ferien – während ihre Kolleginnen die Drohung prompt umsetzten. Einige Beteiligte waren bereits aus anderen Gründen abgemahnt worden.
Bei der nächste Kontrolle wollte man informieren
Das kantonale Amt für soziale Einrichtungen erfuhr erst durch den Zeitungsbericht von den Vorwürfen. Wollte man die Sache vertuschen? Die Präsidentin der Altersheimkommission verneint. Man habe die Behörde bei der nächsten Kontrolle informieren wollen. Beim Amt zeigt man sich betroffen über die Tat. «Wir prüfen strafrechtliche Schritte», sagt Amtsleiter Andreas Tinner (49).
«Es ist toll, dass die Heimleitung so hinter mir steht», sagt Migg Z. Aber er spürt auch Bedauern: «Es tut mir leid, dass wegen mir fünf Pflegerinnen gehen mussten.