Meret Schneider über ihre Krankheit
«Arbeitssucht und Essstörung treten bei mir in Kombination auf»

Die Nationalrätin Meret Schneider (29) sagt, an einer ‹Workaholic-Essstörung› zu leiden. Diesen Begriff gibt es so nicht, sagt eine Psychotherapeutin. Aber es bestehe ein Zusammenhang zwischen Perfektionismus und Essstörung.
Publiziert: 07.10.2021 um 18:03 Uhr
|
Aktualisiert: 07.10.2021 um 19:55 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/5
Die Nationalrätin Meret Schneider (29) gibt erstmals zu, dass sie eine Essstörung hat.
Foto: Philippe Rossier
Jana Giger

Meret Schneider (29) ist die bekannteste Veganerin der Schweiz. Als Nationalrätin der Grünen bringt sie ihre Anliegen rund ums Tierwohl in die Politik ein. Zurzeit sorgt aber vielmehr Schneiders Gesundheit für Diskussionen.

«Ich habe eine ‹Workaholic-Essstörung›», gibt sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger» zu. «Ich habe Mühe, genug zu essen, um ein sinnvolles Gewicht zu halten.» Deshalb mache sie nun eine Therapie und habe sich entschieden, dazu zu stehen: «Mir wurde klar, dass ich anders nicht ewig durchhalte.»

Zusammenhang zwischen Leistung und Umgang mit Ernährung

Die Psychotherapeutin Erika Toman behandelt Patienten und Patientinnen, die ähnliche Schwierigkeiten haben wie Schneider. Aber: «Die Bezeichnung ‹Workaholic-Essstörung› gibt es in der psychiatrischen Diagnostik nicht», sagt sie zu Blick.

Auf die Frage, was sie mit diesem Ausdruck gemeint hat, sagt Schneider zu Blick: «Bei der Arbeitssucht und der Essstörung handelt es sich um zwei Störungen, die bei mir in Kombination auftreten.»

Laut Toman gebe es durchaus einen Zusammenhang zwischen der Einstellung, die jemand zur Leistung habe und dem Umgang mit der Ernährung. «Es gibt Menschen, die die Leistung höher gewichten als ihre Erholung oder ihre Ernährung», sagt sie. «Diese Menschen sind vom Charakter her meist sehr perfektionistisch, engagiert und idealistisch.»

«Nicht jeder Workaholic entwickelt eine Essstörung»

Schneider sagt selber von sich, dass sie zu viel arbeite und immer auf 180 sei. Bis vor kurzem hat sie neben ihrem politischen Mandat als Nationalrätin auf einem Landwirtschaftsbetrieb gearbeitet und war Projektleiterin eines Vereins, der sich für pflanzliche Ernährung einsetzt – diesen Job hat sie nun gekündigt.

Toman betont, dass nicht jeder Mensch, der viel und hart arbeite, eine Essstörung entwickle. «Hier spielen verschiedene Risikofaktoren eine Rolle», sagt sie. «Aber es hängt von jeder Person individuell ab, ob die Risikofaktoren, wie beispielsweise ein stressiges Leben, zu einer psychischen Erkrankung führen.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?