Psychiaterin Alexandra Horsch (51) über Camille P. (40), die ihr Kind ins Babyfenster gelegt und es wieder zurückgeholt hat
«Das ist eine wahre Heldentat»

Camille P. (40) hat vor einigen Monaten ihr Neugeborenes in ein Babyfenster gelegt, es später jedoch wieder zurückgeholt. Im Blick erzählt sie ihre eindrückliche Geschichte. Für Psychiaterin Alexandra Horsch (51) hat die Mutter damit eine «Heldentat» vollbracht.
Publiziert: 20.09.2021 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2021 um 08:42 Uhr
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Camille P. (40) erzählt im exklusiven Blick-Interview, sie habe nichts von ihrer Schwangerschaft geahnt und habe bei der plötzlichen Sturzgeburt einen Schock erlitten.
Foto: Luisa Ita
Interview: Luisa Ita

Alexandra Horsch (51) ist Psychiaterin und neben ihrer Praxis in Hägendorf SO als Chefärztin in der Verus-Klinik für Mutter und Kind im Schwarzwald tätig. Sie kennt Geschichten wie die von Camille P.* (40) und Baby Victoire (zehn Monate). Ein Gespräch über verdrängte Schwangerschaften und verzweifelte Mütter.

Blick: Camille P. hat gegenüber Blick sehr glaubhaft geschildert, dass sie nichts von ihrer Schwangerschaft geahnt hat. Kann das wirklich sein?

Alexandra Horsch: Ich möchte vorwegschicken, dass ich Frau P. nicht kenne und den konkreten Fall nicht kommentieren möchte. Schwangerschaft ist ein komplexes psychosomatisches Geschehen. Das Körpergefühl ist individuell sehr verschieden und kann schwer gestört sein. Als Folge einer massiven Traumatisierung kann eine Frau ihre Schwangerschaft unter Umständen innerlich nicht annehmen, sie unbewusst sogar als nicht zu ihr gehörig empfinden und so auch nicht angemessen darauf reagieren.

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Was geht in einer Frau vor, die ihr Kind schliesslich abgibt?

Das ist eine extreme Ausweglosigkeit, die sie in so einer Situation erlebt. Die Frauen fühlen sich häufig alleingelassen, sind sehr verzweifelt. Ich denke, das ist auch ein wichtiger gesellschaftspolitischer Aspekt: Es sollte viel mehr Hilfe für alleinerziehende Mütter geben.

Camille P. hat ihr Kind zurückgeholt. Sie kämpft jedoch mit Schuldgefühlen und weiss nicht, wie sie das alles Victoire je beibringen soll. Was sagen Sie dazu?

Ich finde, das ist eine Heldentat, dass sie ihr Baby zurückgeholt hat. Sie muss nun realisieren, dass sie damals in einer persönlichen Notsituation war und muss versuchen, Verständnis für sich selbst zu haben. So wird sie auch eine andere Sichtweise auf die Geschehnisse entwickeln und deren Bedeutung anders beurteilen. Ich persönlich denke, dass diese Information für das Kind nicht unbedingt von grosser Bedeutung ist unter der Voraussetzung einer vertrauensvollen Beziehung zu seiner Mutter. Wenn Frau P. es ihrem Kind sagen möchte, sollten die beiden dabei professionell begleitet werden.

* Name geändert

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