Am 5. Juni entscheidet das Volk, ob den bundesnahen Betrieben Fesseln angelegt werden sollen. Die Promotoren der Service-public-Initiative wollen Firmen wie der Swisscom in der Grundversorgung das Gewinnstreben verbieten und die Löhne der CEO auf das Niveau eines Bundesrats kürzen. 58 Prozent der Bevölkerung sprechen sich gemäss letzter GfS-Umfrage für das Anliegen aus.
Doch haben die Betriebe tatsächlich Service abgebaut? Sind Tickets und Abos der SBB wirklich zu teuer? BLICK unterhielt sich mit Stefan Meierhans. Der Preisüberwacher kennt die Firmen und verhandelt Tarife. Zuletzt am Donnerstag mit den SBB, die ihre Preise um drei Prozent erhöhen möchten. Bei diesen Gesprächen sei auch die Initiative Thema, sagt Meierhans. Der Bundesrat stellt sich wie alle politischen Parteien gegen das Anliegen. Der Preisüberwacher zeigt aber auch Sympathie.
BLICK: Herr Meierhans, wir entscheiden bald über die Service-public-Initiative. Wie lautet Ihre Abstimmungsempfehlung?
Stefan Meierhans: Ich gebe keine Empfehlung ab. Die Tatsache, dass die Initiative Zuspruch zu finden scheint, zeigt aber, dass im Volk Unmut herrscht. Den Ursachen hierfür ist meines Erachtens nachzugehen.
Tun Sie das!
Offensichtlich haben viele Menschen subjektiv schlechte Erfahrungen mit den bundesnahen Betrieben gemacht. Aufgrund der Rückmeldungen, die ich erhalte, dürfte das gerade auch mit den Preisen zusammenhängen.
Die Befürworter monieren einen Serviceabbau etwa bei der Post oder den SBB. Haben Sie den auch beobachtet?
Bei dieser Frage muss man differenzieren und nicht schwarz-weiss malen. Die SBB etwa haben ihren Fahrplan massiv ausgebaut. Die Post hat viele der Schliessungen durch die Schaffung von Agenturen abgefedert. Effizienz ist aus meiner Sicht ein Gebot der Stunde. Das sollte sich dann aber auch in den Preisen niederschlagen.
Die Initianten finden, die SBB seien viel zu teuer. Ein GA könne sich bald nur noch die Oberschicht leisten.
Wie gesagt, dauern die Verhandlungen an. Es geht aber nicht nur um die SBB, sondern um alle rund 200 Unternehmen des öffentlichen Verkehrs. Oft werden dann jene vorgeschoben, die wirklich Probleme haben. Es ist eine relativ komplexe Aufgabe, da gute Lösungen zu finden. Stand heute kann ich aber sagen, dass die Preise für Paradestrecken wie Bern–Zürich oder Genf–Lausanne deutlich zu teuer sind, wenn man sie zum Beispiel mit dem Ausland vergleicht. Ein Wettbewerbspreis, zum Beispiel wenn Fernbusse zugelassen wären auf diesen Strecken, würde sicherlich deutlich tiefer liegen.
Gerade die Swisscom liefert Hunderte von Millionen Franken Gewinn an die Bundeskasse ab, genauso die Post. Auf diese Weise erheben die staatsnahen Betriebe verdeckte Steuern, behaupten zumindest die Initianten.
Das kann man in der Tat so sehen, aber im technischen Sinn handelt es sich nicht um Steuern.
Die Initiative verlangt, dass die Betriebe in der Grundversorgung nicht nach Gewinn streben. Würde sie das zerstören und Investitionen unmöglich machen, wie der Bundesrat befürchtet?
Nein, nicht unbedingt. Heute sind sie via Spezialgesetz Aktiengesellschaften und haben das Gewinnstreben so vorgegeben. Doch Genossenschaften wie Coop, Migros oder die Mobiliar, die gemäss Obligationenrecht nicht primär gewinnorientiert sind, machen ihn trotzdem und können investieren.
Ein Ja wäre ein Rückschritt in die Zeiten der trägen PTT und würde den Service verschlechtern.
Wir müssen nach vorne schauen. Es gibt immer Optimierungspotenzial, das man ausschöpfen sollte. Die Bevölkerung muss nun sagen, welches der richtige Weg ist.
Die Befürworter ärgern sich über die hohen Löhne der CEO ...
Das möchte ich nicht kommentieren.