Die Demonstration zum Internationalen Frauentag am letzten Samstag mündete in gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nach der Veranstaltung kursierte ein Video, das einen Beamten dabei zeigt, wie er einer Demonstrationsteilnehmerin von hinten auf den Kopf schlägt (BLICK berichtete).
Die Betroffene, Liv (19) aus Schaffhausen, gibt an, sie habe lediglich einer am Boden liegenden Frau helfen wollen. «Im nächsten Moment wurde ich an der Stirn gepackt, und man schlug mich zwei Mal auf den Hinterkopf. Dann wurde ich ebenfalls zu Boden gerissen.» Vor Schmerzen habe sie mehrmals geschrien und den Polizisten gebeten, aufzuhören. Doch: «Er schlug mich fünf weitere Male auf den Kopf, als ich bereits am Boden lag.»
Vorfall wird untersucht
Die Stadtpolizei Zürich betont, dass die Veranstaltung unbewilligt gewesen sei. Weiter sei es zu Drohungen und Gewalt gegen Beamte gekommen. Die Betroffene, Liv, soll einen Beamten sogar gebissen haben. Es steht Aussage gegen Aussage. Eine Untersuchung läuft.
BLICK hat mit Johanna Bundi Ryser (58), Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB), über den Vorfall und das Video gesprochen.
Frau Bundi Ryser, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie das Video von Liv gesehen haben?
Bundi Ryser: Ich schaue das Video vielleicht mit anderen Augen an als ein Durchschnittsbürger. Es ist ja nicht das erste Mal, dass es solche Anschuldigungen in Richtung Polizeigewalt gibt.
Was meinen Sie damit?
Das Video zeigt eine Momentaufnahme einer Situation. Man sieht allerdings nicht, was im Vorfeld passiert ist und wie es dazu gekommen ist. Um eine Bewertung vornehmen zu können, muss man jedoch alle Fakten kennen. Das ist hier nicht der Fall.
Sind die Bilder also mit grösster Vorsicht zu geniessen?
Das ist so. Unsere Erfahrung ist, dass solche Reaktionen der Polizei teilweise bewusst provoziert werden, damit es virale Aufnahmen gibt. Dass man Gewalt gegen die Polizei anwendet und sie anschliessend zum Sündenbock abstempelt, beobachten wir seit Jahren. Und kommt leider immer wieder vor.
Wegen Corona sind Kundgebungen nicht gerne gesehen. Inwiefern könnte das zu der Eskalation beigetragen haben?
Im vorliegenden Fall wurden Gesetze missachtet, da die Demo nicht bewilligt war. Die Emotionen der Leute sind momentan deutlich stärker als sonst. Viele laufen am Limit und suchen sich ein Ventil für ihre Wut. Sich auf die Frauenrechte zu besinnen, ist wichtig und richtig. Oft vergessen Demonstrantinnen und Demonstranten, dass in der Polizeiuniform auch nur Menschen stecken.
Sie gehen davon aus, dass die Polizisten in Zürich verhältnismässig gehandelt haben?
Was ist schon verhältnismässig? Auch ich kenne die Hintergründe nicht. Wie die Stadtpolizei in Zürich bereits erwähnt hat, wird der Vorfall intern untersucht und das ist korrekt so. Es ist absolut respektlos, wenn eine Demonstrantin einen Polizisten tätlich angreift, beisst oder anspuckt. Jede Situation ist anders und jeder Polizist analysiert sie für sich selbst. Die Polizei hat kein Interesse, jemandem Gewalt anzutun, dabei ist es unerheblich, ob jemand zierlich ist oder nicht.