Die Infektionszahlen steigen, das Wetter ist trüb und die Aussichten auf einen langen, unbehaglichen Corona-Winter machen auch nicht gerade gute Laune. Naheliegend, dass sich die Schweizerinnen und Schweizer nach einem warmen Zuhause, nach Entspannung, nach Familienzeit sehnen. Und versuchen, sich möglichst von der Pandemie abzulenken.
So lassen es aktuelle Verkaufszahlen verschiedener Anbieter vermuten. Kunden von Ex Libris etwa decken sich mit Wellnessprodukten ein, besonders beliebt: die neue Linie «Goodbye Stress» der Marke Kneipp. Hits im Ex-Libris- wie auch im Orell-Füssli-Sortiment sind zudem Koch- und Kinderbücher, Puzzles, Gesellschaftsspiele, Malbücher und Bastelzubehör.
Auch bei Coop läuft gerade alles, was mit Handarbeit zu tun hat, besonders gut. «Wir stellen eine grosse Nachfrage nach Dekoartikeln, Farben und Holz fest», sagt Sprecher Patrick Häfliger. Im Warenkorb landeten gerade auffällig viele Produkte, die das Zuhause gemütlicher machen sollen. «Besonders gefragt sind Angebote aus dem Bereich Heimtextilien, wie Bettwäsche, Frottierwäsche, Zierkissen und Mercerie sowie Kerzen oder Raumdüfte.»
Auch bei den Onlinehändlern wird es heimelig
Auch bei Galaxus laufen Produkte für ein möglichst kuscheliges Daheim derzeit besonders gut. So sind Küchenkleingeräte wie Racletteöfeli oder Wasserkocher sehr beliebt. Heizstrahler, Heizkissen und Heizlüfter sind Kassenschlager. Von denen verkauft der Onlinehändler zwischen 110 und 180 Prozent mehr als in der gleichen Zeit 2019. Die Käufer bereiten sich damit auf Abendessen mit Freunden auf dem Balkon vor, vermutet Galaxus-Sprecher Rico Schüpbach.
Bei Ikea verkaufen sich seit dem Lockdown vor allem Bürozubehör und Wohnzimmermöbel gut. Ausserdem beschäftigen sich die Menschen früher mit saisonaler Dekoration. In Zahlen: Ikea hat bereits jetzt 30 Prozent mehr Waren aus der Winter- und Weihnachtskollektion abgesetzt als zum Vergleichszeitpunkt im Vorjahr.
Besonders beliebt seien Produkte aus den Bereichen Dekoration und Pflanzen sowie Heimtextilien. «Es gibt dieses Jahr also einen stärker ausgeprägten Cocooning-Trend», sagt Ikea-Sprecherin Simona Crivelli. Als «cocooning», zu Deutsch «sich verpuppen oder einspinnen», bezeichnen Trendforscherinnen die Tendenz, sich vermehrt ins häusliche Leben zurückzuziehen.
«Man will sich eine sichere Oase schaffen»
Eine von Ikea publizierte Studie zeigt: Während des Lockdowns nahmen 78 Prozent der Befragten die eigenen vier Wände als Zufluchtsort wahr – und zwei von fünf Personen haben Änderungen darin vorgenommen. Dass sich dieser Trend in der kühlen Jahreszeit nun fortsetzt, wenn nicht verstärkt, verwundert den Wirtschaftspsychologen Marcel Zbinden nicht: «Das Wort Nestbau ist eine gute Metapher», sagt er. «Gerade in Zeiten, die geprägt sind von Unsicherheiten, will man sich etwas Gutes tun und eine sichere und schöne Oase schaffen. Wenn man sich draussen unter den Leuten schon nicht wohlfühlen kann, dann wenigstens drinnen.»
Und weil in den nächsten Monaten ohnehin weniger für Essen im Restaurant, für Weihnachtsmärkte oder Konzerte ausgegeben werden kann, bleibt eben mehr für andere Dinge übrig. Zbinden: «Da ist von höheren Ausgaben für sich selber, seine Liebsten und seine vier Wände auszugehen.»