Monster-Lawine mit vier Toten in Schmirn (A)
Was passiert mit dem Bergführer?

Die Lawinentoten von Schmirn (A) sind noch nicht in der Schweiz, schon läuft die Suche nach einem Verantwortlichen. Im Fokus: der Bergführer. Er hat die Katastrophe überlebt.
Publiziert: 17.03.2017 um 23:46 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:17 Uhr
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Am Mittwoch löste sich am Jochgrubenkopf bei Schmirn (A) eine 500 Meter breite Monsterlawine. Von einer achtköpfigen Tourengruppe aus der Schweiz kamen vier Männer ums Leben.
Foto: ZEITUNGSFOTO.AT
Marco Latzer

Weshalb mussten Ernst S.* (†65), Peter G.* (52), Werner F.* (†75) und Bruno B. (†68) aus Brittnau AG sterben? Nach dem Lawinendrama in Schmirn (A) laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. «Wir haben ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf grobfahrlässige Tötung eingeleitet», sagt Thomas Willam von der Innsbrucker Staatsanwaltschaft. Besonders dürften sich die Beamten für das Verhalten des überlebenden Bergführers interessieren: Der Bündner hatte langjährige Erfahrung am Jochgrubenkopf, dem berüchtigten Unglücksberg.

Bergführer wird unter die Lupe genommen

Hat er vor dem Lawinenabgang Fehler begangen oder die Lage falsch eingeschätzt? Bei einer Verurteilung droht dem Führer der achtköpfigen Schweizergruppe nach österreichischem Gesetz eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren. Der Betroffene will sich auf Anfrage von BLICK nicht zum Drama äussern. Fakt ist: Erst nach Abschluss der Untersuchung ist klar, ob es eine Anklage gibt. Deshalb darf der Mann in den nächsten Tagen auch in die Schweiz zurückreisen.

Im Gerichtsmedizinischen Institut in Innsbruck (A) liegen zurzeit die Leichen der vier Schweizer auf dem Obduktionstisch. Ergebnisse werden für Montag erwartet.

Da grundsätzlich klar ist, weshalb die Opfer gestorben sind, geniesst die Prozedur keine erhöhte Priorität. Für die Angehörigen dürfte das anders aussehen: Sie werden wissen wollen, ob und wie lange ihre Liebsten nach dem Abgang der Lawine noch am Leben waren.

Externes Gutachten wird erstellt

Für die Befragungen der Überlebenden und Zeugen ist in Tirol die Kriminalpolizei zuständig. Dazu kommt ein Gutachten eines externen Sachverständigen. «Ein anspruchsvoller Job» sei das, sagt Hansueli Rhyner (59) vom Schweizer Lawinenforschungsinstitut (SLF).

Der diplomierte Bergführer und Schneeforscher wird in der Schweiz als Experte bei ähnlichen Fällen hinzugezogen. Im Zentrum steht immer die Frage: Hätte die Lawine verhindert werden können? «Der Gutachter muss sich in die Lage der Betroffenen einfühlen. Wie war die Situation? Was konnte man sehen? Wie war das Verhalten?», so Rhyner.

«Ein Nullrisiko gibt es nie»

Der Gutachter verschafft sich dafür am Unglücksort selbst einen Überblick und begutachtet die Abrisskante, er prüft Schneeprofil und -qualität. Ausserdem gilt es zu klären, ob das Lawinenbulletin für die Unglückszeit zutreffend war. Für Rhyner ist klar: «Ein Nullrisiko gibt es nie!» Ein Drittel aller Lawinenopfer komme bei «mässiger» Lawinengefahr ums Leben – so wie die vier Schweizer in Schmirn.

*Namen der Redaktion bekannt 

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