Modehund landet oft im Tierheim
Chihuahuas werden entsorgt «wie gebrauchte Nastüechli»

Immer mehr Chihuahuas werden aus dem Ausland in die Schweiz importiert – und landen im Tierheim. Keine andere Rasse wird so oft abgegeben wie der kleinste Hund der Welt. Die Halter unterschätzen den Aufwand.
Publiziert: 02.05.2014 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:40 Uhr
Das Hundemami Marina Tami hat ein Herz für Zwerge. Sie hat elf Chihuahuas bei sich aufgenommen.
Foto: Laurent de Senarclens/Le Matin

Der kleine Chihuahua-Welpe hat den Hundeblick schlechthin. Schnell hat man ihn im Internet gefunden – und noch schneller bestellt und gekauft. Mit wenigen Klicks zum neuen Haustier: Der Online-Handel mit Tieren boomt.

3669 Chihuahuas wurden vergangenes Jahr in der Schweiz neu registriert. Damit liegt die Rasse zum dritten Mal in Folge auf Platz eins. Doch oft steht den Mini-Vierbeinern ein schlimmes Schicksal bevor – viele von ihnen landen im Tierheim.

So schnell wie man sie gekauft hat, so schnell will man sie wieder loswerden. Die kleinen Kläffer werden entsorgt «wie gebrauchte Nastüechli», schreibt «Le Matin».

Elf Chihuahuas bei sich aufgenommen

So ist es auch Rambo ergangen. Der junge Rüde lebte nur ein halbes Jahr bei der 19-jährigen Julie aus Vevey (VD). Dann hat sie den Hund aus dem Internet wieder abgegeben. Er sei zwar «so herzig» aber auch «zu lästig» gewesen.  «Mir fehlte die Zeit, mich um ihn zu kümmern. Ich hoffe, dass für ihn jetzt alles okay ist», sagt Julie im «Le Matin».

Marina Tami hingegen hat ein grosses Herz für kleine Hunde. In kürzester Zeit hat sie um die 50 Chihuahuas in ihrem Tierheim «Oase der Veteranen» vermittelt. Aber nicht alle hat sie weiterverkauft: «Die ersten elf habe ich behalten – mehr geht nicht!»

Beim Schweizer Tierschutz STS ist das illegale Geschäft mit ausländischen Welpen nichts Neues. «Es ist so einfach wie noch nie, sich einen Hund zu kaufen», sagt Sprecherin Helen Sandmeier zu Blick.ch. Gerade Zwergrassen vermittelten zudem den Eindruck, «keine Arbeit zu machen» – doch das sei falsch. Auch kleine Hunde brauchen Futter, Auslauf und Zuneigung.

«Wenn sie wenig kosten, sind sie wenig wert»

Verlockend ist nicht nur die geringe Grösse der Tiere, sondern auch der Schnäppchen-Preis. Dieser ist nur möglich, weil die Züchter – vorwiegend aus Osteuropa – unseriös sind, ihre Tiere zum Beispiel nicht entwurmt werden und keinen Stammbaum haben.

Auf der einen Seite hat der billige Preis sein Gutes: Er ist laut Elsbeth Clerc vom Schweizerischen Zwerghunde-Club das erste Indiz dafür, dass mit den Hunden etwas nicht stimmt. Doch auf die Rate von ausgesetzten Chihuahuas wirkt er sich negativ aus: «Wenn die Tiere nicht viel kosten, sind sie manchen Haltern auch nicht viel wert», meint Julie Stillhart von «Vier Pfoten» zu Blick.ch.

Von Anfang an Problemhunde

Clerc spricht noch ein weiteres Problem an. Die ausländischen Züchter nehmen die Welpen bereits mit fünf oder sechs Wochen von der Mutter weg, um sie zu verkaufen. «Ab jetzt müssten sie gefüttert werden und fangen an zu kosten.»

Die frühe Trennung kann den Hund dermassen stark traumatisieren, dass sein Sozialverhalten völlig gestört wird. «Ein Problemhund ist ein Problemhund – auch wenn er klein ist», sagt Sandmeier vom Schweizer Tierschutz. (lex)

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