Weil er 30 Minuten zu spät kam
Entzugsklinik schickte ihn heim – einen Tag vor dem Mord

Suchtklinik Neuenhof: Hätte man Daniel Hofmann doch nur dabehalten, als er sich zum Entzug meldete. Dann wäre Lucie jetzt noch am Leben.
Publiziert: 13.03.2009 um 08:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:55 Uhr
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Von Lilian Spörri und Anna Vonhoff


Einen Tag vor dem Mord an Lucie wurde Daniel Hofmann (25) in der Suchtklinik in Neuenhof AG vorstellig. Und wieder nach Hause geschickt. Grund: Er kam eine halbe Stunde zu spät zum Termin!

Das bestätigt Dr. Peter Ackle, ärztlicher Leiter der Klinik. Dort wusste niemand von der Dringlichkeit des Entzugs. «Sonst hätten wir Herrn Hofmann dabehalten.»

In der Klinik wäre Hofmann unter Kontrolle gewesen. Die Patienten werden rund um die Uhr intensiv betreut. Erst ab der vierten Woche des Entzugs haben die Insassen die Erlaubnis, nach draussen zu gehen. In Begleitung.

Doch der Fall des vorbestraften Gewalttäters, der schon 2003 auf Koks eine junge Frau fast totschlug, schien niemandem dringlich. Die Folge: Statt ihn sofort aufzunehmen, schlug man ihm in der Klinik vor, er solle sich überlegen, ob er in einer Woche wiederkommen wolle. Und das war nur der letzte in einer langen Reihe von Entscheiden, die Lucie Trezzini vielleicht das Leben kosteten.

Seit Januar musste nämlich auch die Bewährungshelferin erkennen, dass der 25-Jährige wieder mehr und mehr in die Drogensucht abrutschte. Hofmann hatte ihr mitgeteilt, dass er rückfällig geworden war. Kokain und andere Drogen nahm.

Daniel Hofmann erschien zu spät oder gar nicht zu den Terminen. Liess die monatlichen Drogentests platzen. Drogentests, welche seit seiner Entlassung aus der Erziehungsanstalt Arxhof Mitte 2008 bloss mittels Urinproben beim Hausarzt durchgeführt wurden.

Bei der Sozialpädagogin hätten alle Alarmglocken läuten müssen. Denn der Arxhof hatte im Abschlussbericht festgehalten, dass Hofmann «zu Gewaltexzessen neigt, wenn er Kokain konsumiert».

Trotzdem will der Bewährungshelferin nichts aufgefallen sein. Daniel Hofmann sei immer «nett und kooperativ» gewesen. Nicht aggressiv. Habe nie erwähnt, dass er lieber wieder ins Gefängnis wolle. «Sie glaubte, dass er wieder auf den rechten Weg zurückfindet, wenn er einen Drogenentzug macht», sagt Hansjörg Geissmann, Vereinspräsident der Bewährungshilfe Aargau.

Selbst im letzten Gespräch am 6. März – also zwei Tage nach dem Mord an Lucie – sei Hofmann nicht auffällig gewesen. Man habe über den Jobverlust, die Anmeldung beim RAV und die finanziellen Probleme gesprochen.

Die Bewährungshelferin stellte keinen Zusammenhang her zwischen dem Verschwinden eines Mädchens im Raum Baden, wo Lucies Handy zuletzt geortet worden war, und Daniel Hofmann, der dort wohnte.

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