Versuchte Tötung, sexuelle Handlungen – heftige Vorwürfe gegen Aargauer Eltern
Ihr Kleinkind ist schwerstbehindert – wegen Misshandlung?

Schwere Vorwürfe gegen ein Elternpaar im Aargau: Neben versuchter Tötung und Körperverletzung an einem Kleinkind werden ihnen auch sexuelle Übergriffe bei ihrem älteren Kind vorgeworfen. Der dreitägige Prozess beginnt am Montag in Brugg.
Publiziert: 04.05.2025 um 18:57 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2025 um 21:04 Uhr
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Ein Elternpaar ist im Aargau angeklagt, seine Kinder misshandelt zu haben.
Foto: Imago

Darum gehts

  • Elternteil soll Kleinkind geschüttelt haben. Nun ist es schwerstbehindert
  • Sexuelle Handlungen mit Kindern und Pornografie werden beiden Eltern vorgeworfen
  • Staatsanwaltschaft fordert für einen Beschuldigten 18 Jahre Haft, für anderen 20 Monate bedingt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena GrafReporterin

Ein Kleinkind kommt bewusstlos ins Kantonsspital Baden AG. Ein Elternteil soll es dermassen fest geschüttelt und gegen eine Matratze gedrückt haben, dass die Ärzte es nun beatmen müssen. Das Kind überlebt. Doch als es aufwacht, ist es schwerstbehindert.

Im Spital fallen den Ärzten weitere Verletzungen auf, ein gebrochenes Schienbein, zum Beispiel. Die Eltern behaupten, das ältere Geschwister sei schuld. Die Verletzungen seien beim Spielen passiert. Eine Ermittlung wird eingeleitet, und bald stellt sich heraus: Die Misshandlung des Kleinkinds ist nur eine von mehreren Gräueltaten, die die Eltern begangen haben sollen.

Beide Elternteile angeklagt

Nur so viel ist bekannt über den Fall von mutmasslicher schwerer Kindesmisshandlung, den das Bezirksgericht Brugg AG ab Montag verhandelt. Die Medienstelle der Gerichte Aargau bestätigt einen entsprechenden Bericht von Tele M1 gegenüber Blick.

Angeklagt sind laut Gerichtsakten beide Elternteile. Der eine Elternteil soll das Kleinkind beinahe zu Tode geschüttelt und weitere Körperverletzungen begangen haben.

Vorwurf: älteres Kind sexuell misshandelt

Beiden Elternteilen werden zudem sexuelle Handlungen mit Kindern und Pornografie vorgeworfen. Davon sei das ältere Geschwister betroffen, teilt die Gerichtsmedienstelle auf Anfrage von Blick mit.

Die den Eltern vorgeworfenen Gräueltaten lassen sich aus der Liste der angeklagten Straftatbestände erahnen: versuchte vorsätzliche Tötung, versuchte schwere Körperverletzung, mehrfache, einfache Körperverletzung, Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht und die genannten Sexualdelikte im Fall des ersten Beschuldigten. Letztere zwei Punkte (Fürsorge und Erziehung sowie Sexualdelikte) betreffen auch den anderen beschuldigten Elternteil.

Annegret Lautenbach, Kinderanwältin und Co-Präsidentin von Kinderanwaltschaft Schweiz.
Foto: Peyer Partner

Annegret Lautenbach ist Co-Präsidentin des Vereins Kinderanwaltschaft Schweiz und hat schon zahlreiche Kinder in ähnlichen Prozessen vertreten. «Oft übernimmt ein Elternteil beim Missbrauch den Lead», erzählt die Anwältin Blick. «Der andere macht mit oder schaut zu, was ebenfalls bestraft werden kann.»

18 Jahre Haft gefordert

Im vorliegenden Fall fordert die Staatsanwaltschaft für den ersten beschuldigten Elternteil 18 Jahre Haft, für den zweiten lediglich 20 Monate bedingt. Die Verteidiger der zwei Angeklagten wollten sich auf Anfrage von Blick nicht zu den Vorwürfen äussern.

Relevant für den Ausgang des Prozesses wird sein, ob sich die Eltern gegenseitig schützen: «Wenn der Elternteil, der mitgemacht oder zugeschaut hat, auspackt, wird das oft als glaubwürdig gewertet. Weil den anderen zu beschuldigen gleichzeitig auch heisst, sich selbst zu belasten», so Lautenbach.

Gewalt in der Familie ist grundsätzlich aber schwierig nachzuweisen. Oft findet sie hinter verschlossenen Türen statt. Gegen die Eltern auszusagen, kann für ein Kind traumatisierend sein. Wenn es denn überhaupt alt genug ist, um zu beschreiben, was ihm widerfahren ist. Und so passieren viele Kindesmisshandlungen im Verborgenen.

Kind wegen Haft der Eltern traumatisiert

Im vorliegenden Fall kann das jüngere Kind wegen seines Alters und der schweren Behinderung nicht aussagen. Auch das ältere Kind werde am Prozess nicht befragt, heisst es in den Gerichtsunterlagen. Es sei durch die plötzliche Trennung von seinen Eltern schwer traumatisiert.

Annegret Lautenbach erlebt immer wieder, wie sehr Kinder unter einem Verfahren gegen die eigenen Eltern leiden. «Natürlich muss man ein Kind vor den Misshandlungen durch die Eltern schützen und diese bestrafen», betont die Anwältin. «Doch man darf nicht vergessen, dass die strafrechtliche Verurteilung der Eltern den meisten Kindern nichts bringt.»

Der Prozess gegen die Eltern startet am Montagmorgen um 8.15 Uhr vor dem Bezirksgericht Brugg AG und ist auf drei Tage angesetzt. Blick ist vor Ort und tickert live aus dem Gerichtssaal.

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