Grauenhaft dieser Anblick: Ein Auto liegt auf dem Dach. Flammen steigen meterhoch in den Himmel und erhellen die schwarze Nacht. Im Wrack verbrennt Sebastian D.* († 21) aus Wettingen AG.
Kurz vor 0.30 Uhr gestern früh schiesst der weisse BMW 535i (V8-Motor, 235 PS) von Gebenstorf AG in Richtung Birmenstorf. Viel zu schnell, so die Kantonspolizei Aargau.
Im Kreisel hebelt es den BMW aus. Sebastian D., der am Steuer sitzt, verpasst die Kurve. Das Auto erwischt einen Erdwall, hebt ab. Prallt mehrere Meter weiter auf der Wiese auf und hebt wieder ab. Reisst einen Baum um und bleibt schliesslich rund 60 Meter neben der Strasse in einem Garten auf dem Dach liegen.
«Als wir aus dem Fenster schauten, dachten wir, dass das Haus brennt. So hoch loderten die Flammen», sagt Anwohner Urs Rey (65). Er und seine Frau Kirsten (53) hören erst einen dumpfen Knall, «als wäre eine 1.-August-Rakete explodiert». Dann drei weitere Explosionen. Sie laufen zum Wrack. «Da hörte ich ein Stöhnen, ein lautes Wimmern. Es kam aus dem Auto», sagt Kirsten Rey, «und hielt minutenlang an. Das werde ich nie mehr vergessen.»
Neben dem Feuerball steht Mischa G.* (19) aus Niederrohrdorf AG. Nur leicht verletzt hat er sich rechtzeitig aus dem Auto retten können und muss ohnmächtig mitansehen, wie sein Freund im Innern verbrennt.
Den BMW haben sich die beiden von Kollege Dominik D.* (27) aus Untersiggenthal AG geliehen, der wie Sebastian als Koch im Grand Casino Baden angestellt ist.
«Sebastian hat noch Sommerpneus an seinem Auto, deswegen hat Dominik ihm seinen BMW gegeben», sagt Dominiks Grossvater Giancarlo D.* (75). Der Koch aus Sachsen (D) hat auf Nummer sicher gehen wollen – und verunglückt tödlich.
Seit August 2011 kochte Sebastian im Casino-Restaurant. «Die Betroffenheit bei unseren Mitarbeitern ist sehr gross, die Stimmung bedrückt. Wir möchten den Angehörigen unser tiefes Mitleid aussprechen», sagt Detlef Brose (49), Geschäftsführer des Grand Casino Baden.
Acht enge Freunde Sebastians versammeln sich gestern Mittag knapp zwölf Stunden nach dem Horror-Crash am Unglücksort. Auch Dominik D. ist dabei. Im Schneegestöber legen sie Blumen für den Toten nieder, Kerzen und ein Kreuz mit der Inschrift: «Wir werden Dich nie vergessen.»
1 Toter im Gotthardtunnel
Sebastian D. ist nicht das einzige Todesopfer dieser Nacht. Keine 30 Minuten später verbrennt im Gotthardtunnel ein Autofahrer. Der deutsche PW gerät um ein Uhr auf die Gegenspur, knallt frontal in einen Zürcher LKW. Das Auto steht sofort in Flammen. Der Gotthardtunnel blieb danach bis sieben Uhr in beide Richtungen gesperrt.
* Namen der Redaktion bekannt