Schildbürgerstreich in Aarau
Heizung für 13 Mio – ohne Kamin

Diese Geschichte tönt wie ein Aprilscherz, ist es aber nicht. In Aarau wurde für 13 Millionen Franken eine Energiezentrale erstellt – ohne Baubewilligung für den Kamin.
Publiziert: 01.04.2014 um 14:24 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:52 Uhr
Läuft nicht nach Plan: Die gross angekündigte Energiewende.
Foto: ZVG
Von Urs Helbling

Die Bauherrin, das Elektrizitätswerk namens IBAarau AG, hat investiert, ohne über alle Bewilligungen zu verfügen. Offensichtlich in der Absicht, Sachzwänge zu schaffen.

Die Rechnung ging nicht auf: Der Aargauer Heimatschutz und die kantonale Denkmalpflege waren mit ihren Argumenten stärker. Die Baubewilligung für den 21 Meter hohen Kamin im Stadtpark wird definitiv nicht erteilt. «Der Aargauer Regierungsrat hat die Beschwerde der IBAarau abgewiesen, weil fünf denkmalgeschützte Objekte tangiert sind», erklärte Marcel Bolz, Chef des Rechtsdienstes des Regierungsrates heute Morgen Blick am Abend.

Mehrheitsaktionärin der IBAarau ist die Stadt. Das Unternehmen ist relativ gross: 306 Angestellte erwirtschafteten 2013 einen Gewinn von 20,1 Millionen Franken.

Der Versuch, künftig mit Fernwärme Geld zu verdienen, ging vorerst in die Hosen. Die für heute geplante Inbetriebnahme der Energiezentrale verzögert sich mangels Kamin um unbestimmte Zeit. Mehrkosten sind garantiert – unter anderem, weil provisorische lokale Heizgeräte für die ersten Wärmekunden eingesetzt werden müssen. Die Energiezentrale, die in eine ehemalige Zivilschutzanlage unter dem Kasinopark eingebaut wurde, soll dereinst fünf Prozent des Wärmebedarfs der Stadt Aarau decken. Die Energie wird mittels Wärmepumpen aus dem Grundwasser der Aare gewonnen. Zudem war der Einbau eines erdgasbefeuerten Spitzenlastkessels notwendig. Für Letzteren und für den Fall einer Havarie der Ammoniakwärmepumpe ist der Kamin notwendig.

IBA-Chef Hans-Kaspar Scherrer versprach beim Spatenstich im Mai 2013: «In rund elf Monaten wird zum ersten Mal heisses Wasser durch die Rohre gepumpt.» Zu den Verzögerungen und zur Seldwylerei rund um den Kamin mochte er heute auf Anfrage von Blick am Abend nicht Stellung nehmen.

Das Fernwärmeprojekt soll im Endausbau 18,1 Millionen Franken kosten (ohne Mehraufwand). Es ist Teil der Energiespar- und Umweltschutzoffensive der Stadt Aarau.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein letztlich von der Stadt initiiertes Projekt aus Denkmalschutzgründen in Nöten ist. Denn Aarau rühmt sich sonst seines sorgfältigen Umgangs mit seiner Bausubstanz. Die Stadt bekommt am 28. Juni den Wakkerpreis 2014 des Schweizer Heimatschutzes. Dessen kantonaler Verband hat dazu beigetragen, dass der Kamin nicht gebaut werden darf.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?