«Ich kann mir nichts mehr leisten»
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Pia Hasler hat Schulden:«Ich kann mir nichts mehr leisten»

Pia Hasler (66) versinkt nach Hirnblutung in Schulden
«Ich kann nicht einmal mehr zum Arzt gehen»

Nach einer Hirnblutung kämpft sich Pia Hasler (66) zurück ins Leben. Doch während ihr Körper sich langsam erholt, verliert sie den Überblick über Rechnungen, Schulden und ihren Alltag. Nun steht sie vor dem Nichts.
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Pia Hasler (66) ist finanziell am Boden.
Foto: Helena Graf

Darum gehts

  • Pia Hasler erleidet Hirnblutung, kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten nach Genesung
  • Implantierter Chip überwacht Hirnaktivität, um neue Blutungen frühzeitig zu erkennen
  • Tausende Franken Schulden, Krankenkasse verhängt Leistungssperre für Pia Hasler
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena GrafReporterin

Pia Hasler (66) muss weinen, wenn sie an das letzte Jahr denkt. Ihre Stimme bricht, sie ringt nach Luft, nach Worten.

An manches erinnert sie sich nicht mehr. Wochen fehlen. Weihnachten letzten Jahres. Der Moment, als sie zusammenbrach. Ihre Reaktion, als sie aufwachte.

Am 26. Dezember 2024 erleidet Pia Hasler eine Hirnblutung. Sie kollabierte vor ihrer Wohnungstür in Stein AG.

«Ohne Helikopter hätte ich nicht überlebt»

Neben ihr liegt ein Abfallsack. «Offenbar wollte ich den Müll herausbringen», sagt sie. «Das haben mir andere erzählt. Ich weiss nichts mehr davon.»

Ein Nachbar findet sie. Er ruft den Notarzt. Dann kommt die Ambulanz. Schliesslich die Rega. «Ohne den Helikopter hätte ich laut meinen Ärzten nicht überlebt», sagt Hasler.

Im Universitätsspital Basel wird sie notoperiert. Man implantiert ihr einen Chip in den Kopf, hinter das Ohr. Er registriert kleinste Veränderungen im Gehirn. Die Ärzte lesen ihn regelmässig ab. So merken sie, wenn sich eine neue Blutung anbahnt.

Nach der Operation kommt Pia Hasler in die Reha nach Rheinfelden AG. Allmählich kehren Sprache, Gedächtnis und Gefühle zurück. Nur die Erinnerungslücke rund um die Hirnblutung bleibt. 

«Mir war alles zu viel»

Ende Februar 2025 darf sie nach Hause. Der Alltag kommt zurück – schneller, als sie es schafft, ihn zu bewältigen.

Im Briefkasten liegen viele Briefe. Absender, die sie nicht kennt. Schreiben, die sie mehrmals lesen muss, weil sie den Sinn nicht erfasst. Rechnungen. «Ich war noch nicht fit», sagt sie. «Mir war alles zu viel.»

Pia Hasler lebt allein. Ihre Eltern sind tot. Ihr Bruder auch. Eine eigene Familie hat sie nicht.

Es gibt niemanden, der mit ihr die Post durchgeht. Niemanden, der sagt, was dringend ist und was warten kann. Niemanden, der den Überblick behält, wenn sie ihn verliert.

Vermieter droht mit Rausschmiss

Auf ihrem Konto laufe vieles automatisch, erklärt sie. Die Rente wird überwiesen, monatliche Rechnungen werden direkt abgezogen. «Dann war das Geld jeweils schon aufgebraucht», sagt sie. 

Die Rechnungen der Krankenkasse seien nach der Blutung höher gewesen. Die Grundversicherung übernimmt meist nur die Hälfte der Kosten eines Rega-Einsatzes. 

Hasler gerät in die Schulden. Die Krankenkasse verhängt eine Leistungssperre. Sie zahlt also nur noch in äussersten Notfällen. «Nun kann ich nicht mehr zum Arzt gehen», sagt sie, zuckt mit den Schultern, beginnt zu schluchzen.

Auch die Wohnung kann sie nicht mehr bezahlen. Ende Monat droht der Vermieter, sie auf die Strasse zu stellen.

«Würde mir gerne Hosen kaufen»

Ihre Nachbarn sind Pia Haslers einzige Stütze. Sie bringen ihr Lebensmittel, manchmal etwas Bargeld. «Ich habe den Appetit grösstenteils verloren», sagt sie. «Doch ich würde mir gern eine neue Hose kaufen.»

Sie putzt Zimmer in einem Wohnheim. Um ein wenig dazuzuverdienen. Doch noch sind Tausende Franken an Rechnungen offen. Weihnachten feiern – danach ist ihr nicht zumute.

Wenn Pia Hasler an das letzte Jahr denkt, ist sie froh, überlebt zu haben. Sie nimmt jeden Tag, wie er kommt. Und hofft, dass sie es schafft, ihre Schulden zu begleichen.

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