Ohne jede Ankündigung hat in Berikon AG das Ärztezentrum Mutschellen seine Türen geschlossen. «Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Praxis ab heute geschlossen ist. Wir bedauern, Ihnen keinen anderen Bescheid geben zu können, und wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.» Das hören Patienten seit Mitte Januar auf dem Anrufbeantworter des Ärztezentrums.
Der durch den «Kassensturz» bekannt gewordene Ingo Malm wurde am Mittwoch vorübergehend festgenommen. Das bestätigt Fiona Strebel von der Aargauer Staatsanwaltschaft dem BLICK. Sechs Ärzte der Praxis sind spurlos verschwunden. Hunderte Patienten müssen nun um den Erhalt ihrer Krankenakten kämpfen. Denn diese sind zusammen mit den Ärzten verschwunden. Darüber berichten der «Wohler Anzeiger» sowie Tele M1.
Eine Million Franken Schulden
Skandal-Arzt Malm hatte 2014 im Kanton Aargau seine Berufsausübungsbewilligung verloren, unter anderem weil er seinen Patienten ohne die nötige Bewilligung Medikamente abgegeben hatte und die Betäubungsmittelkontrolle in seiner Praxis mangelhaft war. Malm soll mit dem Ärztezentrum in den vergangenen fünf Jahren über eine Million Franken Schulden angehäuft haben. Über den Grund seiner Festnahme wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äussern.
Ein Mietervertrag für die Praxis, der im Dezember 2017 ausgelaufen war, wurde nicht verlängert. Darum musste die Praxis schliessen – ein Schlüsseldienst habe vergangenen Freitag die Schlösser ausgetauscht.
Am Montag standen denn auch mehrere Patienten vor verschlossener Türe, weil sie Behandlungstermine wahrnehmen wollten.
Wichtige Informationen für die weitere Behandlung fehlen
Viele Patienten haben nun ein grosses Problem, denn sie kommen nicht an ihre Krankenakten heran. «In den Krankengeschichten ist die gesamte medizinische Vorgeschichte enthalten, wie beispielsweise die verordneten Medikamente und deren Dosierung, Laborresultate sowie Untersuchungsberichte anderer Ärzte und so weiter. Diese Informationen sind für die weitere Behandlung der Patienten von grosser Wichtigkeit», sagt der Aargauer Kantonsarzt Martin Roth.
Er versucht nun, die verschwundenen Ärzte zu finden, damit die Patientendossiers übergeben werden können. «Unser Ziel ist, dass die Ärzte die Krankengeschichten möglichst rasch an die nachbehandelnden Ärzte weiterleiten oder den Patienten aushändigen», so der Kantonsarzt.
Kapazitätsprobleme beim Doktorenzentrum
Durch die plötzliche Schliessung des Ärztezentrums kommt nun auch die zweite grosse Praxis in Berikon, das Doktorenzentrum Mutschellen, in die Bredouille.
Es wird jetzt bombardiert mit Anfragen von Patienten des nun geschlossenen Ärztezentrums. Dabei ächzten die Ärzte des Doktorenzentrums zuvor schon unter den zusätzlichen Patienten des im vergangenen Sommer geschlossenen Ärztehauses Bremgarten. Bereits damals hiess es, dass es Kapazitätsprobleme gebe.
Probleme mit Patientendossiers sind im Kanton Aargau keine Seltenheit. Nachdem das Ärztehaus Bremgarten geschlossen werden musste, wurden teilweise Patientendossiers an falsche Personen geschickt – ein Skandal, der für grossen Unmut sorgte (BLICK berichtete).