Nur 100 Franken Busse und eine bedingte Geldstrafe für D. V. (48)
Sex-Angreifer vom Hallwilersee muss nicht in den Knast!

Er sprang am Hallwilersee aus einem Gebüsch. Attackierte eine damals 28-jährige Spaziergängerin, warf sie in ein nahes Feld und nötigte sie sexuell. Doch jetzt steht fest: D. V. (48) muss für all das keinen einzigen Tag in den Knast.
Publiziert: 17.05.2019 um 15:33 Uhr
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D. V. (damals 46) fuhr im 2017 auf seinem Töffli davon, als BLICK ihn nach seiner Tat auf den Fall ansprach.
Foto: Ralph Donghi
Ralph Donghi

Für Janine H.* (30) ist es ein Schlag ins Gesicht. Ihr Peiniger D. V. ** (48), der sie vor zwei Jahren beim Spazieren am Hallwilersee attackierte, zu Boden riss und sexuell nötigte, muss nicht ins Gefängnis.

Dies hat das Bezirksgericht Kulm AG entschieden. Es verurteilte den arbeitslosen Mann wegen sexueller Nötigung zu einer bedingten Geldstrafe von 3600 Franken. Bezahlen muss D. V. lediglich 100 Franken wegen einer Verkehrsregelverletzung, da er bei der Tat in Beinwil am See AG mit seinem Töffli ein Fahrverbot missachtet hatte.

Opfer hatte «Todesangst»

Dabei fürchtete Janine H. am 30. Mai 2017 um ihr Leben. «Ich hatte am Nachmittag frei und ging am See spazieren», erzählte die Hotelfachfrau damals BLICK. Gegen 15.30 Uhr fährt D. V. zum ersten Mal mit seinem Töffli an ihr vorbei, grüsst sie. Sie grüsst zurück. Janine H. denkt sich nichts dabei und spaziert weiter.

Doch kehrt D. V. wieder zurück, fährt an ihr vorbei und verschwindet weiter vorne in ihrem Blickfeld. «Das fand ich dann schon komisch», erzählte Janine H. Ihr Gefühl trügt sie nicht: Kurz darauf springt der über 100 Kilo schwere Mann bei einer Feuerstelle aus dem Gebüsch und stürmt auf die junge Frau zu. «Ich hatte Todesangst!»

Täter nach zwei Tagen verhaftet

D. V. packt sie, wirft sie ins nahe Feld und setzt sich auf sie. «Der wollte mich vergewaltigen», ist sie danach überzeugt. Sie schreit um Hilfe, wehrt sich mit aller Macht, sticht ihm mit einem Finger ins linke Auge. Jetzt hört der Täter endlich auf, entschuldigt sich kurz und haut ab. Janine H. kommt mit Kratzern und einem Schock davon.

Die Polizei kann D. V. nach zwei Tagen verhaften. Doch schon am nächsten Tag kommt er wieder frei. «Ich verstehe das nicht», so das Opfer damals. Weil sie den Anruf vom Zwangsmassnahmengericht verpasste, wurde sie per SMS über die Freilassung informiert.

Die Behörden wollten damals BLICK nicht sagen, warum sie D. V. wieder freiliessen. Grund dürfte sein Geständnis gewesen sein. Janine H. selber hoffte zumindest «auf ein gerechtes Urteil».

Betreutes Wohnen soll Rückfall verhindern

Doch das Gericht entschied laut «Aargauer Zeitung» nun anders. Der Vorfall sei «zwar gravierend», die Intensität des Übergriffs sei jedoch «nicht über die unterste Stufe hinausgegangen». Er habe beispielsweise nicht versucht, die Frau zu küssen.

Einen über acht Jahre zurückliegenden ähnlichen Vorfall stufte das Gericht als «nicht gravierend» ein. Es glaubt zudem, dass der durch ein psychiatrisches Gutachten bestätigten Rückfallgefahr entgegengewirkt werden kann – durch das bereits angeordnete betreute Wohnen, das fortgeführt werden muss. Damals wohnte D. V. alleine.

Immerhin: Das Gericht hat Bewährungshilfe für D. V. angeordnet. Zudem muss der Verurteilte alle sechs Monate der Oberstaatsanwaltschaft nachweisen, dass die weisungskonforme Wohnsituation nach wie vor gegeben ist.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Dass der Grüsel seinem Opfer eine Genugtuung von 1500 Franken, ihre Anwaltskosten und die Verfahrenskosten zahlen sowie dem Staat die Kosten seines Verteidiger zurückzahlen muss, ist noch nicht in Stein gemeisselt. Denn: Der Täter kann das Urteil an die nächste Instanz weiterziehen. Wie auch die Staatsanwaltschaft.

Und Janine H.? Sie wird den Angriff ihr Leben lang nicht vergessen. «Wegen dieser Attacke werde ich draussen immer ein mulmiges Gefühl haben.»

* Name geändert 

** Name bekannt

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