Sonderkommando stürmt Haus in Düsseldorf - Mann (35) verhaftet
Paul (12) tappte in die Chat-Falle

Publiziert: 26.06.2016 um 10:37 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:22 Uhr
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Am Sonntag wurde Paul (12) von der deutschen Polizei befreit.
Foto: zvg
Ralph Donghi, Guido Felder, Sascha Schmid

Am Samstag, 18. Juni, ist der 12-jährige Paul S. aus Gunzgen SO verschwunden. Jetzt hat ihn die Polizei in der Nacht auf heute wohlbehalten gefunden. Dies nach umfangreichen Ermittlungen, wie die Solothurner Staatsanwaltschaft mitteilt.

Diese ergaben, dass Paul in der Wohnung eines 35-Jährigen in Düsseldorf ist. Die Schweizer schickten die Info an ihre Deutschen Kollegen. «Am späten Samstagabend verdichteten sich die Hinweise, dass sich in einer Wohnung an der Oranienburger Strasse ein 12-jähriger Junge aufhalten würde, der in der Schweiz seit dem 18. Juni vermisst wird», schreibt die Düsseldorfer Polizei.

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Haus im Quartier Hassels in Düsseldorf: In dieser Dachwohnung wurde Paul gefunden und vom Sonderkommando befreit.
Foto: Express.de

Um 1.30 Uhr letzter Nacht schlug die Polizei zu. «Wir haben einen günstigen Zeitpunkt abgewartet», sagt Sprecher Markus Niesczery zu BLICK. Ein schwerbewaffnetes Spezialkommando (SEK) stürmte die Wohnung des 35-jährigen Düsseldorfers. Laut dem «Express» waren der Mann und Paul im Dachstock des Hauses.

Mann ist polizeibekannt

Der Mann wurde widerstandslos festgenommen. «Der Mann ist polizeilich schon in Erscheinung getreten, wegen kleineren Vermögensdelikten», sagt Polizei-Sprecher Niesczery. Gemäss Recherchen handelt es sich um Werner C., von Beruf Koch.

«Bin überrascht von der Arbeit der Polizei»: So dankte Pauls Vater auf Facebook.
Foto: facebook

Noch ist unklar, welche Verbindungen der Mann zu Paul hatte - er ist aber ersten Gerüchten nicht mit ihm verwandt.

Paul ist körperlich unverletzt und befindet sich noch in polizeilicher Obhut in Düsseldorf. «Seine Eltern sind auf dem Weg zu ihm», sagt Niesczery.

Klar ist: Die Eltern von Paul können aufatmen. Sein Vater Bernhard hatte schon vorher vollstes Vertrauen in die Arbeit der Polizei. Vor zwei Tagen bedankte er sich schon bei der Polizei auf Facebook.

Minecraft-Fan Paul lernte seinen Entführer via Internet-Chat kennen

An einer Pressekonferenz in Solothurn bestätigten die Behörden, was der SonntagsBlick bereits vermutet hatte: Paul tappte in die Chat-Falle.

«Schnell war ein Mann im Visier, der mit Paul Kontakt über ein Internet-Spiel aufgenommen hat», sagte Kripo-Chef Urs Bartenschlager. Danach war das Vorgehen diffizil. «Jeder Schritt musste abgewogen werden, damit das Leben von Paul nicht gefährdet wurde.»

Der 35-Jährige ist Deutscher Staatsbürger und sitzt nun in Haft. Es sei unwahrscheinlich, dass er an die Schweiz ausgeliefert werde.

Man habe mit vielen anderen kantonalen und internationalen Polizeistellen zusammengearbeitet. Sogar das amerikanische FBI war involviert.

Grund dürfte sein, dass es sich beim Internet-Game um «Minecraft» handelt, das 2014 vom US-Techriesen Microsoft gekauft wurde. Preis: 2,5 Milliarden Dollar. In dem Spiel kann der Spieler Konstruktionen aus zumeist würfelförmigen Blöcken in einer 3D-Welt bauen.

Pauls Chatprofil: War der Bub zu unvorsichtig im Netz unterwegs?
Foto: zvg

Wie BLICK erfahren hat, bewegte sich Paul relativ offen im Netz. «Hallo Leute. Mein Name ist Paul», stellte er sich auf der Seite vor. Er gab auch persönliche Details preis. «Mein Alter ist 12. Ich bin in der 5. Klasse. Ich wohne in der Schweiz in Gunzgen.»

Als Hobby nannte er Chatten. Sicher ist: Drei Stunden vor seinem Verschwinden war Paul auf der Website aktiv – am Samstag vor einer Woche, morgens um 10.22 Uhr. Drei Stunden später verabschiedete er sich von seinen Eltern.

«Auch von Kinderspielen kann Gefahr ausgehen»

In Minecraft bauen Spieler Konstruktionen aus meist würfelförmigen Blöcken.

Am Montag war die Polizei mit einem Grossaufgebot in der Region. Am Dienstag durchsuchte sie auch das Haus seiner Eltern, am Abend fand sie Pauls Velo im benachbarten Härkingen SO. Heute wurde Paul wohlbehalten in Düsseldorf gefunden.

Bartenschlager nutzt die Gelegenheit, um auf die Gefahren von Online-Spielen hinzuweisen - auch von scheinbar harmlosen Kinderspielen könne Gefahr ausgehen.

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