«Ihr Tod hat nichts mit einem Kunden zu tun»
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Freund von Tamara W. (†44):«Ihr Tod hat nichts mit einem Kunden zu tun»

Domina Tamara W. (†44) bricht in Lenzburg AG bei der Arbeit zusammen. Ihr Freund Toni S. (50) sagt:
«Ich blieb zwölf Stunden bei ihr – bis sie starb»

Sie kämpfte für ein besseres Gesetz im Sexgewerbe und setzte sich für ihre Berufskolleginnen ein. Jetzt ist Domina Tamara W. (†44) in ihrem Geschäftshaus in Lenzburg AG zusammengebrochen und im Spital verstorben. BLICK konnte mit ihrem Freund über den Verlust sprechen.
Publiziert: 11.10.2020 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2020 um 10:18 Uhr
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Toni S. (50), der Freund von Tamara W. (†44), ist in tiefer Trauer.
Foto: Ralph Donghi
Ralph Donghi

Tamara W.* (†44) arbeitete in Lenzburg als Domina, sprach darüber noch im März mit BLICK. Sie vermietete dort Zimmer an Sexarbeiterinnen, bediente selber Kunden und bangte wegen der Corona-Krise um ihre Existenz. Jetzt ist sie tot – mit erst 44 Jahren. «Sie starb am Samstag», sagt ihr Freund Toni S.* (50) traurig. Er ist sicher: «Sie starb an einer akuten Hirnblutung.»

Doch es bleiben Fragen: Wer war der letzte Kunde von Tamara W., die am Freitag noch in ihrem Mietshaus in Lenzburg arbeitete und plötzlich zusammenbrach? Warum ging der Gast laut einer anderen Arbeiterin just in dem Moment weg? Und warum erschien nur die Ambulanz vor Ort und nicht die Polizei?

«Man sagte mir, dass sie nicht überleben werde»

«Ich weiss nicht, wer der Gast war», sagt Toni S. Aber er wisse, dass ihr Tod «absolut nichts mit einem Kunden oder ihrer Arbeit» zu tun habe. «Das haben mir die Ärzte im Spital gesagt.» Er und die anderen Angehörigen hätten an Tamaras Hals keine Spuren gesehen – das sei auch der Grund, warum die Polizei nicht informiert wurde.

Toni S. war daheim bei der Arbeit, als er Freitagnachmittag einen Anruf erhielt. «Man sagte mir, dass Tamara auf dem Weg ins Spital sei», so der Bildhauer. Er habe es nicht glauben können, sei sofort hingefahren. «Man hat mir dann gesagt, dass sie eine Hirnblutung habe und diese nicht überleben werde.» Er und weitere Angehörige seien zwölf Stunden lang bei Tamara geblieben. «Bis sie starb», sagt Toni S. traurig.

Tamara W. hinterlässt zwei Töchter

Tamara W., eine gelernte Bürokauffrau, arbeitete zuerst in ihrem Heimatland Deutschland im Sexgewerbe und seit ein paar Jahren in der Schweiz. «Sie war eine unbeschreibliche Frau», so Toni S., der seit drei Jahren mit ihr zusammen war. Er habe sie am Freitag über Mittag noch ins Geschäft gefahren. «Es war alles gut. Wie immer. Wir hatten vor zwei Monaten erst gerade ein neues Haus bezogen und freuten uns auf die Zukunft, zusammen mit ihren beiden Töchtern aus erster Ehe.»

Für den Tod von Tamara W. interessiert sich die Kantonspolizei Aargau nun plötzlich doch noch. «Es wurden Ermittlungen aufgenommen», bestätigt Sprecher Dominic Zimmerli. Weitere Auskünfte könne man «aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens» nicht geben.

Polizei nimmt mehrere Personen zur Einvernahme mit

Sicher ist: Toni S. muss am Sonntag kurz nach dem Interview mit BLICK zur Einvernahme mit auf den Polizeiposten. Und beim Geschäftshaus von Tamara W. werden zwei Damen von der Polizei mitgenommen – ebenfalls zur Befragung. Das Geschäftshaus wird versiegelt. Wird nun der letzte Gast gesucht?

Toni S. kämpft mit den Tränen: «Ich kann meine Gefühlslage nicht beschreiben.» Tamara habe sich trotz Corona-Krise immer für alle Frauen im Sexgewerbe eingesetzt. «Darum hat sie im März auch öffentlich dafür gekämpft, dass das Gesetz verbessert und ihr Beruf endlich so behandelt wird wie jeder andere auch.»

* Namen bekannt

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