Die Mutter des totgeprügelten Jungen sagt:
«Innerlich bin ich mit Nicky gestorben»

Sie war immer stark. Auch als sie längst schwach war. Sie kämpfte für ihr einziges Kind. Auch als es längst tot war. Aber jetzt bekennt Yvonne Hoheisel: «Ich bin todkrank!» Nimmt ihr die Kuschel-Justiz die Kraft weiterzukämpfen?
Von Ralph Donghi

Yvonne Hoheisel (47) verlor im Sommer 2007 ihren Sohn Nicky († 19). Die Schweiz litt mit der Mutter, deren einziges Kind von brutalen Schlägern getötet wurde.

Jetzt spricht sie im BLICK zum ersten Mal offen über ihr eigenes Schicksal: «Ich habe Aids.»

Warum jetzt dieses schockierende Bekenntnis?

Es ist ein Aufschrei des Entsetzens. Denn jetzt, fast genau zwei Jahre nach jener schrecklichen Nacht (siehe Kasten unten), hat Yvonne Hoheisel erfahren, dass der Hauptverantwortliche am Tod ihres Sohnes, Marcel M.* (21), mit der ganzen Kuschel-Kraft der Schweizer Justiz rechnen darf. Der Staatsanwalt wird nur sechs Jahre Gefängnis beantragen!

Wenn das Gericht dem Antrag folgt, kann Marcel M. nach vier Jahren wieder frei sein. Vielleicht urteilt das Gericht sogar noch milder. Auf freiem Fuss ist Marcel M. bis heute sowieso.

Ist das die gerechte Strafe für den sinnlosen Tod von Nicky?

Yvonne Hoheisel weiss schon seit 18 Jahren, dass sie HIV-infiziert ist. Da war Nicky noch ein kleines Kind. Es kam damals im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung heraus. Wie sie sich infizierte, darüber will Nickys Mutter nicht sprechen.

Einige Jahre schlummerte das Virus in Yvonne Hoheisel. Aber dann brach die Krankheit aus. «Das war schon vor dem Tod von Nicky», sagt die Mutter. Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder Ausschläge gingen inzwischen nicht mehr weg. Täglich musste sie nun starke Medikamente nehmen. Immer mehr Tabletten.

Wie ihre Prognose aussieht, weiss sie nicht. Aber eines weiss sie: «Mein Nicky gab mir immer am meisten Kraft.» Er wusste von der Krankheit seiner Mutter.

Schon kurz nach Nickys Beerdigung nimmt Yvonne Hoheisel einen neuen Kampf auf – gegen Jugendgewalt. Mit eigener Website (for-nicky.ch), einem Song, einem Video und Referaten an Schulen.

Im März 2009 spricht BLICK mit ihr über den kommenden Prozess gegen Marcel M. (Lagerarbeiter und Hobby-Thaiboxer aus Bern). «Ich will gar nicht daran denken», sagte die Mutter. «Ich bin zu beschäftigt mit meinem Projekt.»

Jetzt muss sie daran denken: Der Prozess beginnt am 21. Oktober am Bezirksgericht Aarau – wegen eventualvorsätzlicher Tötung.

Die Mutter: «Ich weiss nicht, was ich dazu sagen soll. Ich gab mich seither immer stark. Im Moment bin ich zwar schwach. Aber ich tue alles, damit ich meine Schulvorträge durchführen kann.»

Sie will zum Prozess, Marcel M. in die Augen schauen. «Es ist schlimm», sagt sie. «Meine Strafe ist durch den Tod von Nicky lebenslänglich. Und der, der ihn tötete, könnte in wenigen Jahren wieder frei sein.»

Wie viel, fragt die Mutter, ist heute noch ein Menschenleben in der Schweiz wert? Ein paar Jahre? Oder 10, 20 Jahre?

Und wie viele Jahre bleiben der aidskranken Mutter selbst noch? «Das ist egal. Ich will weiter in Nickys Sinn kämpfen, künftig vielleicht bei einem Aids-Entwicklungsprojekt in Afrika mitwirken.»

Gar keine Angst vor dem Tod? Yvonne Hoheisel: «Als Nicky starb, bin ich innerlich mitgestorben.»

*Name der Redaktion bekannt

25 000 Schweizer sind HIV-infiziert
Das sogenannte «Erworbene Immunschwäche-Syndrom» (englisch abgekürzt: Aids) ist noch lange nicht besiegt.

Es beginnt mit der Ansteckung mit dem HI-Virus, über Blut oder Körperflüssigkeiten. Rund 25 000 Menschen in der Schweiz sind heute damit infiziert.

Bis Ende 2007 brach bei über 8600 von ihnen Aids aus: mit Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, Ausschlägen, Durchfall, Geschwüren im Mund oder Gewichtsverlust.

Und noch immer werden es mehr Fälle: 2007 allein steckten sich 761 Menschen neu an. 49 Prozent
der Ansteckungen erfolgen bei homosexuellen Kontakten, 45 Prozent bei heterosexuellen.
Das sogenannte «Erworbene Immunschwäche-Syndrom» (englisch abgekürzt: Aids) ist noch lange nicht besiegt.

Es beginnt mit der Ansteckung mit dem HI-Virus, über Blut oder Körperflüssigkeiten. Rund 25 000 Menschen in der Schweiz sind heute damit infiziert.

Bis Ende 2007 brach bei über 8600 von ihnen Aids aus: mit Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, Ausschlägen, Durchfall, Geschwüren im Mund oder Gewichtsverlust.

Und noch immer werden es mehr Fälle: 2007 allein steckten sich 761 Menschen neu an. 49 Prozent
der Ansteckungen erfolgen bei homosexuellen Kontakten, 45 Prozent bei heterosexuellen.
Der Tod von Nicky schockte die Schweiz
Von Gabriela Battaglia

Der junge Bankkaufmann aus Suhr AG geht am 21. Juli 2007 mit Kollegen ins Aarauer In-Lokal «Kettenbrücke». Mit seinen Kollegen amüsiert er sich in der Disco. Da kommt es mit einer anderen Gruppe zur Rangelei. Ein Security-Mann greift ein. Doch draussen treffen die Gruppen wieder aufeinander.

Drei Schläger gehen auf Nicky los, der einen Moment lang allein ist. Verprügeln ihn. Nicky geht zu Boden. Sie treten auch da noch auf ihn ein. Nicky bleibt liegen, mit schwersten Kopfverletzungen. Die drei Schläger flüchten.

Nicky fällt ins Koma. Tag und Nacht wacht seine Mutter Yvonne (47) an seinem Spitalbett. Nur einmal noch erwacht ihr Sohn, für einen Moment.

Zwei Monate nach den grausamen Prügeln stirbt Nicky.

Der 19-Jährige war ein Fan des FC Aarau. Seine Kollegen halten an Heimspielen ein riesiges Transparent hoch: «Nicky: I de Korve läbsch du för emmer».

Die Polizei hat unterdessen die Schläger ermittelt: Bruno S.* (20), Gabriele R.* (21) und Marcel M.* (21). Zwei Italiener und ein Schweizer als Haupttäter. Sie gestehen. Allen dreien ist der Prozess noch nicht gemacht worden.

Seit Nickys Tod kämpft Yvonne Hoheisel gegen Jugendgewalt. Mit der Webseite www.for-nicky.ch, einem Song, einem Video, eigenen Lektionen, Schulreferaten. Sie hofft: «So werden vielleicht andere Leben gerettet.»

* Namen der Redaktion bekannt
Von Gabriela Battaglia

Der junge Bankkaufmann aus Suhr AG geht am 21. Juli 2007 mit Kollegen ins Aarauer In-Lokal «Kettenbrücke». Mit seinen Kollegen amüsiert er sich in der Disco. Da kommt es mit einer anderen Gruppe zur Rangelei. Ein Security-Mann greift ein. Doch draussen treffen die Gruppen wieder aufeinander.

Drei Schläger gehen auf Nicky los, der einen Moment lang allein ist. Verprügeln ihn. Nicky geht zu Boden. Sie treten auch da noch auf ihn ein. Nicky bleibt liegen, mit schwersten Kopfverletzungen. Die drei Schläger flüchten.

Nicky fällt ins Koma. Tag und Nacht wacht seine Mutter Yvonne (47) an seinem Spitalbett. Nur einmal noch erwacht ihr Sohn, für einen Moment.

Zwei Monate nach den grausamen Prügeln stirbt Nicky.

Der 19-Jährige war ein Fan des FC Aarau. Seine Kollegen halten an Heimspielen ein riesiges Transparent hoch: «Nicky: I de Korve läbsch du för emmer».

Die Polizei hat unterdessen die Schläger ermittelt: Bruno S.* (20), Gabriele R.* (21) und Marcel M.* (21). Zwei Italiener und ein Schweizer als Haupttäter. Sie gestehen. Allen dreien ist der Prozess noch nicht gemacht worden.

Seit Nickys Tod kämpft Yvonne Hoheisel gegen Jugendgewalt. Mit der Webseite www.for-nicky.ch, einem Song, einem Video, eigenen Lektionen, Schulreferaten. Sie hofft: «So werden vielleicht andere Leben gerettet.»

* Namen der Redaktion bekannt
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