Der Killer von Wohlen
Das Liebes-Video des Mörders

WOHLEN AG – Erst drehte Reto C. seiner Luise ein Liebes-Video. Sie wurde seine Frau. Jetzt hat der Internet-Ballerspiel-Fan sie getötet, und sich selbst auch.
Publiziert: 30.11.2009 um 09:28 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:36 Uhr
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Von Adrian Schulthess

Seine Videosammlung im Internet ist bizarr: Reto C.* (29) aus Wohlen AG spielt leidenschaftlich gern «Dark Orbit», ein Weltraum-Ballergame. Von seinen Mitspielern lässt er sich «Jenas» nennen, seine Manöver schneidet er mit. Damit seine «Fans» von ihm lernen können. Sie verehren ihn als «Gott».

Seine Verlobte Luise (25) ballert mit: Als «Snowfox» erkundet sie mit ihm die unendlichen Weiten des Internets.

Zwischen dem Lasergewitter sticht ein Film hervor: «Für Luise ... meine grosse Liebe ...» heisst die Montage, die Reto seiner jungen deutschen Verlobten im November 2007 schenkt. Das ganze Internet soll wissen, wie gross seine Gefühle für sie sind.

«Manchmal kommt die Liebe ganz unerwartet», schreibt er Luise im Video, «und manchmal muss man zweimal hinschauen, um sie zu sehen.» Zwischen den Sätzen zeigt er die Lieblingsfotos von seiner Verlobten. Hinterlegt sie mit dem Udo-Lindenberg-Schlager «Hinter dem Horizont», gesungen vom deutschen Duo Rosenstolz. «Du und ich, das war einfach unschlagbar, ein Paar wie Blitz und Donner», heisst es dort.

Die junge Liebe soll ewig halten. Deshalb heiraten die beiden am 12. Dezember 2007. «Ich liebe Dich. Ich möchte für immer mit Dir zusammen sein und Dich in meinen Armen halten.»

Doch dieses Versprechen hält Reto C. nicht. Bald streitet sich das junge Paar in der Eigentumswohnung in Wohlen AG laut und regelmässig.

«Es gibt nicht viel zu sagen, ausser dass ich seit zwei Jahren manchmal mehr, manchmal weniger glücklich verheiratet bin», beschreibt Reto im Internet seinen Zivilstand. Luise lässt sich auf den einschlägigen Seiten nicht mehr blicken.

In der Nacht auf Freitag kracht es wieder zwischen den beiden. «Die haben schon so oft mitten in der Nacht laut angefangen zu streiten. Das war für mich nichts Ungewöhnliches», sagt Nachbarin Marta B.* (78). Deshalb legt sie sich auch wieder hin, als sie um 1.20 Uhr Luises Hilfeschreie aus der Nachbarwohnung hört (im BLICK).

Martin Vetter (27) hört es sogar mehrere Male knallen. «Es klang wie Schüsse aus einer Pistole mit Schalldämpfer», sagt der Nachbar des jungen Ehepaars.

Am nächsten Tag wollen Retos Eltern nach dem Rechten schauen. Ihnen soll die Eigentumswohnung gehören. Aber sie kommen nicht rein, von innen steckt ein Schlüssel. Polizisten brechen die Tür auf. Die Wohnung ist blutverschmiert, das Paar tot. Ein Massaker.

Auch die Aargauer Kantonspolizei geht von einem Beziehungsdelikt aus. Reto C. dürfte erst seine Frau Luise, dann sich selbst getötet haben. Zwei Wochen vor dem zweiten Hochzeitstag.

«Du wirst nie mehr einsam sein», versprach Reto seiner Liebsten vor zwei Jahren. Jetzt können beide nicht mehr einsam sein.

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