Das absurdeste Verbot des Sommers
Sirup-Stopp für Senioren

Die Senioren in der Aargauer Sunnhalde tranken zu viel Sirup. So viel, dass die Leitung ihn verbot.
Publiziert: 15.08.2010 um 16:50 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:26 Uhr
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Von Beat Kraushaar

Alte Menschen haben oft ein Problem: Sie trinken zu wenig, weil das Durstempfinden nachlässt. Deshalb besteht bei Senioren die Gefahr der Austrocknung bis hin zu Zuständen von Verwirrtheit. Das sollte auch die Leitung des Alters- und Pflegeheims Sunnhalde in Untersiggenthal AG wissen.

Doch das Heim, welches rund 80 Pensionären ein «familiäres und gemütliches Zuhause anbietet», hat den Alten und Kranken ihr liebstes Getränk, den Sirup, aus dem Sortiment gestrichen.

Angefangen hat der Sirup-Stopp Ende Juni. Weil der Verbrauch stark gestiegen war, wurde verfügt, nur noch Mineralwasser zu verteilen. Sirup gabs nur noch, wenn dies eine betagte Person ausdrücklich verlangte.

Im Hitzemonat Juli kam das Sirup-Verbot

Einen Monat später, ausgerechnet während der Hitzeperiode, kam das definitive Aus für das beliebte Süssgetränk. Die Leitung befahl: Wegen des hohen Konsums wird ab sofort kein Sirup, sondern nur noch Wasser ausgeschenkt. Wer Sirup trinken will, muss sich diesen aus dem eigenen Sack bezahlen.

Die Heimleitung streitet nicht ab, dass man den Sirup-Konsum für die Bewohner gebremst hat. «Ein zu hoher Sirup- und somit Zuckerkonsum ist gemäss den Ernährungsrichtlinien für betagte Personen aufgrund der reduzierten Kalorienverbrennung ungesund», sagt Heimleiterin Andrea Prati.

«Lieber Sirup als gar nichts trinken»

Dem widerspricht der Schweizerische Verband diplomierter ErnährungsberaterInnen (SVDE). «Wenn der Sirup gut verdünnt ist, können gesunde alte Menschen bis zu einem Liter täglich davon trinken», sagt

SVDE-Mediensprecherin Andrea Schmid.

Wichtig sei vor allem, dass sie mindestens anderthalb Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Die diplomierte Ernährungsberaterin: «Lieber Sirup als gar nichts trinken.»

Insider des Pflegeheimes sagen denn auch, das Sirup-Verbot sei nicht zuletzt aus Kostengründen ausgesprochen worden. Heimleiterin Prati dementiert: «Ein solche Weisung wurde zu keiner Zeit herausgegeben, da würden wir uns ja lächerlich machen.»

«Missverständnis»

Fakt ist: Vor dem Sirup-Stopp verteilte man gratis Tee. Ungezuckert, doch das mochten die Heimbewohner nicht. Schon damals wurden die hohen Kosten bemängelt, die der nicht getrunkene Tee verursache.

Fakt ist auch: Der Sirup-Stopp, die Anweisung, dass die Betagten diesen selber kaufen müssen, sowie die Kritik an den hohen Kosten des nicht getrunkenen Tees wurden schriftlich festgehalten.

Nachdem SonntagsBlick die Heimleitung mit den Fakten konfrontierte, krebste diese zurück. Die Angestellten wurden über ein «Missverständnis» bei der Getränkeverteilung informiert.

Neu gilt: Wenn Sirup verlangt wird, soll man ihn gratis, aber nur in kleinen Mengen abgeben.

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