Das Unglück geschah vor exakt zwei Jahren: Der Strahler Patrik Stalder, damals 43, war im Gebiet des Piz Beverin GR unterwegs. Da geriet er in einen Felssturz. Schwer verletzt, mit über zwanzig Rippenbrüchen, einem zermalmten Brustbein und Frakturen in der linken Gesichtshälfte, blieb er liegen. Besonders bitter: «Obwohl ich nur etwa fünf Gehminuten vom Parkplatz entfernt lag, konnten meine Hilferufe nicht gehört werden.»
Der Rucksack mit Handy, Essen, Wasser und warmen Kleidern war nach dem Sturz ausser Reichweite. Stalders Begleiter war wegen Unwohlsein bereits frühzeitig umgekehrt und merkte nichts davon. Dummerweise war der nächste Tag ein Feiertag. Erst am übernächsten Tag wurde Stalder im Büro vermisst. Und so kämpfte der gebürtige Luzerner zwei Tage und zwei Nächte bei Kälte, Nässe und ohne Wasser um sein Leben. «Während der Nacht zählte ich meine Atemzüge, um nicht einzuschlafen und zu erfrieren. Es wollte und wollte nicht Morgen werden.»
50 Stunden vergingen, bis Stalder von einem Rega-Heli gerettet wurde. «Ich war in einem traurigen Zustand, habe gefroren wie die Sau», erinnert er sich. Später sagte der Arzt: «So etwas kann man eigentlich gar nicht überleben».
Damit war Stalder zwar gerettet – der Kampf ging aber weiter. Denn das Unglück hat seine Spuren hinterlassen. Bis heute muss er Schmerzmittel nehmen, leidet unter Tinnitus, Lähmungen der linken Gesichtshälfte und Schlafproblemen. «Ich muss nach wie vor kämpfen, um kein IV- oder Sozialhilfebezüger zu werden», sagt Stalder, der als Informatiker in Beinwil am See arbeitet. Sein Hobby, das Strahlen, musste er aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. «Wenn es der Körper eines Tages wieder zulässt, würde ich wieder strahlen gehen. Der Berg ist nach wie vor mein Freund.»
Inzwischen hat er seine Erlebnisse in einem Buch niedergeschrieben. Der Titel «Die roten Engel» ist eine Hommage an die Rega, die ihn nach 50 Stunden aus der Hölle gerettet hat. Das Buch half Stalder dabei, das Geschehene zu verarbeiten. Aber nicht nur. «Meine Geschichte soll Mut machen. Sie zeigt, dass man aus scheinbar hoffnungslosen Situationen lebend herauskommen kann.»