Seit der zweiten Schwangerschaft ist nichts mehr, wie es war: Ein Riesen-Spalt am Bauch sowie der stark vorgewölbte Oberbauch machen der Fricktalerin Jennifer S.* (29) zu schaffen. Ähnlich erging es Moderatorin und Schwingerkönigin Sonia Kälin. Vor kurzem ging sie mit Bildern ihrer Rektusdiastase und den damit verbundenen Schwierigkeiten an die Öffentlichkeit.
Stefanie Meyer (39), Sportwissenschaftlerin und Expertin für die prä- und postnatale Phase, weiss: Die beiden stehen mit diesem Problem nicht alleine da.
«Alle Frauen haben am Ende der Schwangerschaft eine Rektusdiastase», sagt sie. «Das ist eine notwendige Anpassung, damit das Baby Platz im Bauch hat.» Eine Studie zeige jedoch: Sechs Wochen nach der Geburt haben noch 60 Prozent eine Rektusdiastase, nach einem Jahr sind es noch 32,6 Prozent.
Trotzdem höre sie oft, dass betroffene Mamis zu kämpfen haben: «Sie kriegen Sätze zu hören wie etwa: Das ist halt so nach einer Geburt.» Dabei sei es so wichtig, dass Betroffene erst genommen werden. Und auch die Beschwerden, so Meyer: «Die müssen nicht einfach so hingenommen werden!»
Risiken und häufige Beschwerden
Eine Rektusdiastase müsse aber nicht zwingend Beschwerden bereiten, sagt Meyer. «Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass nicht nur die Breite, sondern vor allem auch die Beschaffenheit (Zustand der Muskeln, Faszien) entscheidend ist.»
Eine Rektusdiastase werde nur gefährlich, wenn es beispielsweise eine Hernie gibt. Das sei eine Lücke in der Bauchwand, bedingt durch schwaches Gewebe. Dort könnten Organe ausstülpen. «Eine eingeklemmte Hernie kann zu einer Notfallsituation führen», so die Expertin. Sie stellt jedoch klar: «Bei Weitem nicht jede Frau, die eine Rektusdiastase hat, hat auch eine Hernie.»
Betroffene kommen um Training nicht herum
Häufige Beschwerden einer Rektusdiastase können folgende sein: ein bleibender, vorgewölbter Babybauch nach der Geburt, eine dadurch veränderte Körperhaltung, ein Gefühl einer instabilen und weichen Körpermitte, bei Belastung des Bauches könne sich dieser zuspitzen oder einsinken, Rückenschmerzen, Verstopfung und eventuell Übelkeit.
Fakt ist: Betroffene kommen um ein Training nicht herum. «Es macht sicher Sinn, zuerst ein Training zu machen, um die gesamte Rumpfmuskulatur und auch den ganzen Körper zu stärken. Unabhängig, ob es danach zu einer OP kommt», sagt Meyer. Davon würde die Frau auch in einer allfälligen Regenerationsphase nach der OP profitieren. Trotzdem müsse jeder Betroffenen klar sein: «Ein Vier-Wochen-Programm für einen flachen Bauch wird es wohl kaum richten. Eine Rektusdiastase ist multifaktoriell, und es braucht Zeit, viel Geduld und einen progressiven Trainingsaufbau.»
*Name geändert