Fertig frei am 1. Mai! Ausgerechnet am Tag der Arbeit müssen die Aargauer Staatsangestellten künftig arbeiten. Das hat am Dienstag der Grosse Rat mit 71 zu 62 Stimmen beschlossen. Die Motionäre aus den Reihen von SVP und FDP begründeten ihren Vorstoss damit, dass Kantonsangestellte gegenüber der Privatwirtschaft bevorteilt seien. Während in der Privatwirtschaft in der Regel neun Feiertage pro Jahr gelten, kommt das Staatspersonal derzeit auf 10,5 freie Tage.
Neben den acht gesetzlichen Feiertagen und dem Bundesfeiertag sind für die Kantonsangestellten zudem der Maienzug in Aarau und der Nachmittag am 1. Mai zusätzlich arbeitsfrei. Das sei in Zeiten des Fachkräftemangels ein Wettbewerbsnachteil für kleine und mittlere Unternehmen, argumentierten die Befürworter.
Würden alle Kantonsangestellten im Jahr einen halben Tag mehr arbeiten, entspräche dies insgesamt über 25 Vollzeitstellen, hielt die SVP fest. Alleine bei der Justiz ergäbe dies einen zusätzlichen Richter. Der 1. Mai habe im Kanton Aargau zudem keine Tradition; wer demonstrieren gehen wolle, finde sicher ein paar Überstunden, die er abbauen könne, befand die SVP.
Während die Wirtschaft auf Hochtouren laufe, stehe die Verwaltung einen halben Tag still, hielt die FDP fest. Das Kantonspersonal erhalte mehr Freizeit und mehr Lohn. Dies finanziere das Gewerbe - und damit jene, die am 1. Mai arbeiten müssten.
Der Regierungsrat hatte sich gegen eine isolierte Streichung des freien 1.-Mai-Nachmittages gestellt. Er verwies darauf, dass dieser seit Ende der 1960er-Jahre gewährt werde und eine Verschlechterung der Bedingungen bei über 17'000 Mitarbeitenden und Lehrpersonen auf Unverständnis stossen und deren Motivation mindern könnte. Zudem liessen sich die rechnerischen 25 Vollzeitstellen in der Praxis nicht einfach so einsparen.
Er wollte deshalb das Anliegen nur in Form eines schwächeren Postulates entgegennehmen, um die Feiertags- und Ferienregelungen im Rahmen der laufenden Gesamtrevision des Personalrechts zu prüfen.
Vom Vorstoss gar nichts wissen wollte unter anderem die SP, die von einem «populistischen Schnellschuss» sprach. Der Aargau biete im Vergleich mit anderen Kantonen heute schon nicht die besten Lehrer- und Verwaltungslöhne. Bei einer Streichung des «symbolischen Wertschätzungs-Halbtags» sinke die Arbeitgeberattraktivität. «Noch mehr Lehrpersonenknappheit können wir uns nicht leisten.»