Migros und Coop stoppen Fisch-Fälscher

DOTZIGEN BE – Fischers Fritz fischte Kunden – mit falschen Fischen. Jetzt flog der Schwindel auf.
Publiziert: 19.12.2007 um 08:00 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 21:07 Uhr
Von Hannes Heldstab

Gleich zweimal taucht am Montag in der Fischzucht von Bruno S. (51) Besuch auf. Er kommt unangemeldet. Es sind Lebensmittel-Spezialisten von Coop und Migros. Sie gehen einem Verdacht nach:
Bruno S. hat Hunderte Kilo fremden Fisch als Berner Fisch verhökert. Oder wie erklärt er, dass so häufig Fischgrosshändler aus der Region Basel Fische nach Dotzigen geben?

Der Basler Betrieb handelt mit Fischen aus Polen und Holland.

Hat er etwa Egli aus Polen und Hechte aus Holland als «Seeland»-Fische verkauft? Mitarbeiter der Fischfarm wollten dem Treiben nicht mehr weiter zusehen. Einer reichte Anzeige wegen Betrug und Urkundenfälschung ein. Am Montag wollen die Lebensmittel-Spezialisten von Bruno S. lückenlose Belege seiner Fische. Alles muss er zeigen: Bestelllisten, Lieferscheine, Quittungen von Fischern und Fischzuchten sowie detaillierte Angaben über die Produktionsländer und -Orte.

Doch Fischhändler Bruno S. kann die Belege nicht auf den Tisch legen. Die Lebensmittel-Spezialisten verständigen sofort ihre Zentrale. Und dort zieht man die Notbremse. «Die Rückverfolgbarkeit der Fische war nicht gewährleistet. Der Produzent wurde gesperrt», bestätigt Matthias Kuratli von der Coop Verkaufsregion Bern: Sofort werden in den Fischabteilungen von 24 Berner Coop Filialen die Schildchen «Seelandfisch» entfernt.

Auch die Migros Aare reagiert. Ihre Spezialisten holen als erstes die «Aus der Region»-Werbefahne ein, die über der Fischzucht von Bruno S. weht. Migros-Sprecher Thomas Bornhauser: «Wir haben vernommen, dass die Forellen dieser Fischzucht nicht aus der Region, sondern aus dem Kanton Jura stammen sollen. Das wäre ein klarer Verstoss gegen unsere Vorschriften. Bis alles genau geklärt ist, haben wir die Zusammenarbeit umgehend eingefroren.»

In den Berner Migros-Fischauslagen wurden die «Aus der Region»-Wappen sofort durch das Schweizer Kreuz ausgewechselt. «Migros-Kundinnen und -Kunden betrügt man nicht. Sollte sich herausstellen, dass wir getäuscht worden sind, hat der Lieferant die Konsequenzen zu tragen», droht Migros-Mann Bornhauser.

Fischhändler Bruno S. bleibt stumm wie seine Fische. BLICK gegenüber wollte er keine Stellung nehmen.
Im Internet wirbt Bruno S. weiter mit dem Slogan «Qualität vor Quantität». Und mit dem Versprechen: «Unsere Fische stammen aus eigener Aufzucht.»

*Name der Redaktion bekannt

Lebensmittel-Schmuggel gedeiht – weil die Schweiz so teuer ist
ZÜRICH – Falscher Fisch, altes Fleisch, gepanschtes Öl – krumme Geschäfte mit Lebensmitteln haben bei uns Erfolg. Grund: Die Schweiz ist teuer.Ein Salami, ein Laib Käse, eine Flasche Hochprozentiges mehr als erlaubt – Tonnen Lebensmittel kommen jährlich so über die Grenze. «Ameisenverkehr nennen wir das», sagt Rico Riechsteiner von der Basler Zollfahndung. Wirklich Sorgen machen ihm die grossen Schmugglereien:Sommer 2007 26 t Fleisch aus Deutschland. Täter: ein Metzger im Mittelland.1995 bis 2001 45 t Fleisch aus Vorarlberg. Täter: ein Rheintaler Handwerker.Bis März 2005 170 t Schinken, Joghurt, Käse aus Süddeutschland. Täter: eine albanische Bande.«Die Schweiz ist attraktiv», weiss Fahnder Riechsteiner. «Der Hauptgrund: unsere hohen Preise.» Das habe man gesehen, als die Gebühren auf Alkohol sanken: «Der Schnaps-Schmuggel nahm sofort ab.»Es ist nicht nur das Preisgefälle. Auch die strenge Kontingentierung etwa von Fleisch- und Milchwaren machen Schmuggel attraktiv, weiss Riechsteiner. Und schliesslich die Einfuhrverbote bei Vogelgrippe, Schweinepest oder Rinderwahn. Solche Hindernisse zu umgehen – das lohnt sich. «Und es geht oft lange, bis wir die entsprechenden Hinweise bekommen», sagt Beat Gasser, Zollfahnder beim Bund. «Meist ist es die Konkurrenz, die uns ihren Verdacht meldet.» Den versuche man möglichst schnell zu erhärten. Gasser: «Lebensmittelschmuggel ist eine Gesundheitsfrage – da eilt es!» (Thomas Ley)
ZÜRICH – Falscher Fisch, altes Fleisch, gepanschtes Öl – krumme Geschäfte mit Lebensmitteln haben bei uns Erfolg. Grund: Die Schweiz ist teuer.Ein Salami, ein Laib Käse, eine Flasche Hochprozentiges mehr als erlaubt – Tonnen Lebensmittel kommen jährlich so über die Grenze. «Ameisenverkehr nennen wir das», sagt Rico Riechsteiner von der Basler Zollfahndung. Wirklich Sorgen machen ihm die grossen Schmugglereien:Sommer 2007 26 t Fleisch aus Deutschland. Täter: ein Metzger im Mittelland.1995 bis 2001 45 t Fleisch aus Vorarlberg. Täter: ein Rheintaler Handwerker.Bis März 2005 170 t Schinken, Joghurt, Käse aus Süddeutschland. Täter: eine albanische Bande.«Die Schweiz ist attraktiv», weiss Fahnder Riechsteiner. «Der Hauptgrund: unsere hohen Preise.» Das habe man gesehen, als die Gebühren auf Alkohol sanken: «Der Schnaps-Schmuggel nahm sofort ab.»Es ist nicht nur das Preisgefälle. Auch die strenge Kontingentierung etwa von Fleisch- und Milchwaren machen Schmuggel attraktiv, weiss Riechsteiner. Und schliesslich die Einfuhrverbote bei Vogelgrippe, Schweinepest oder Rinderwahn. Solche Hindernisse zu umgehen – das lohnt sich. «Und es geht oft lange, bis wir die entsprechenden Hinweise bekommen», sagt Beat Gasser, Zollfahnder beim Bund. «Meist ist es die Konkurrenz, die uns ihren Verdacht meldet.» Den versuche man möglichst schnell zu erhärten. Gasser: «Lebensmittelschmuggel ist eine Gesundheitsfrage – da eilt es!» (Thomas Ley)
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