Gleich zweimal taucht am Montag in der Fischzucht von Bruno S. (51) Besuch auf. Er kommt unangemeldet. Es sind Lebensmittel-Spezialisten von Coop und Migros. Sie gehen einem Verdacht nach:
Bruno S. hat Hunderte Kilo fremden Fisch als Berner Fisch verhökert. Oder wie erklärt er, dass so häufig Fischgrosshändler aus der Region Basel Fische nach Dotzigen geben?
Der Basler Betrieb handelt mit Fischen aus Polen und Holland.
Hat er etwa Egli aus Polen und Hechte aus Holland als «Seeland»-Fische verkauft? Mitarbeiter der Fischfarm wollten dem Treiben nicht mehr weiter zusehen. Einer reichte Anzeige wegen Betrug und Urkundenfälschung ein. Am Montag wollen die Lebensmittel-Spezialisten von Bruno S. lückenlose Belege seiner Fische. Alles muss er zeigen: Bestelllisten, Lieferscheine, Quittungen von Fischern und Fischzuchten sowie detaillierte Angaben über die Produktionsländer und -Orte.
Doch Fischhändler Bruno S. kann die Belege nicht auf den Tisch legen. Die Lebensmittel-Spezialisten verständigen sofort ihre Zentrale. Und dort zieht man die Notbremse. «Die Rückverfolgbarkeit der Fische war nicht gewährleistet. Der Produzent wurde gesperrt», bestätigt Matthias Kuratli von der Coop Verkaufsregion Bern: Sofort werden in den Fischabteilungen von 24 Berner Coop Filialen die Schildchen «Seelandfisch» entfernt.
Auch die Migros Aare reagiert. Ihre Spezialisten holen als erstes die «Aus der Region»-Werbefahne ein, die über der Fischzucht von Bruno S. weht. Migros-Sprecher Thomas Bornhauser: «Wir haben vernommen, dass die Forellen dieser Fischzucht nicht aus der Region, sondern aus dem Kanton Jura stammen sollen. Das wäre ein klarer Verstoss gegen unsere Vorschriften. Bis alles genau geklärt ist, haben wir die Zusammenarbeit umgehend eingefroren.»
In den Berner Migros-Fischauslagen wurden die «Aus der Region»-Wappen sofort durch das Schweizer Kreuz ausgewechselt. «Migros-Kundinnen und -Kunden betrügt man nicht. Sollte sich herausstellen, dass wir getäuscht worden sind, hat der Lieferant die Konsequenzen zu tragen», droht Migros-Mann Bornhauser.
Fischhändler Bruno S. bleibt stumm wie seine Fische. BLICK gegenüber wollte er keine Stellung nehmen.
Im Internet wirbt Bruno S. weiter mit dem Slogan «Qualität vor Quantität». Und mit dem Versprechen: «Unsere Fische stammen aus eigener Aufzucht.»
*Name der Redaktion bekannt