Die Uhr hat das grösste Turmzifferblatt Europas», sagt Sandra Claus (43). «Sein Durchmesser beträgt acht Meter siebzig.» Die Stadtführerin steht in blauer Jacke und mit rotem Rucksack auf der Treppe vor der Kirche St. Peter in der Zürcher Altstadt. Die Sehenswürdigkeit ist fester Bestandteil ihrer Touren. Auch wenn sich diese seit Beginn der Pandemie stark verändert haben – neu finden sie nämlich virtuell statt.
Heute aber nimmt Claus SonntagsBlick mit auf einen Rundgang. Dabei erzählt die Zürcherin, die seit 15 Jahren als Stadtführerin tätig ist, was sie während des Corona-Jahrs auf die Beine gestellt hat.
Als im Frühling 2020 der Shutdown kam, fielen die Touristen weg und die Stadtrundgänge aus. Also nahm Claus eine ihrer Führungen auf Video auf und stellte sie ins Internet. Zwei Franken kostete das Anschauen und der Film kam gut an. 3000 Personen haben ihn bisher gesehen. Claus gründete die Plattform Virtual City Tours. Videotouren von Zürich, Basel und Luzern sind bereits online – auf Schweizerdeutsch, Deutsch und Englisch. Bis Ende 2021 sollen es mindestens 20 Städte überall auf der Welt sein.
Angereichert mit historischem Wissen
Die Touren unterscheiden sich von privaten Reise-Videoblogs. Sandra Claus stellt nicht ihre Lieblingsgeschäfte oder -cafés vor. Stattdessen reichert sie die Führung mit historischem oder technischem Wissen an. Claus erzählt aber auch Anekdoten. Zum Beispiel über die Erker an den Zürcher Altstadthäusern: «Man sagt, die neugierigen Frauen wollten während der Arbeit die Menschen auf der Strasse beobachten.»
Vor der Pandemie war virtueller Tourismus für niemanden ein Thema. Die Reisebeschränkungen haben das geändert. International gibt es ein wachsendes Angebot, in der Schweiz ist Sandra Claus mit ihrem Start-up allerdings noch allein. Dabei braucht der Schweizer Städtetourismus dringend neue Ideen – innerhalb der Reisebranche litt dieser Sektor am stärksten unter den Auswirkungen von Corona.
Von 2009 bis 2019 boomte hierzulande der Städtetourismus: Im Jahr vor der Pandemie wurden über 14 Millionen Logiernächte in den Zentren verzeichnet, 2020 halbierte sich diese Zahl. Genf traf es am härtesten mit 67,5 Prozent weniger Buchungen. Die Region Zürich verzeichnete ein Minus von 65,4 Prozent, Basel 58,8 Prozent.
Virtuelle Touren verhelfen zu realen Besuchern
Klar: Das Konzept von Virtual Travel wurde während des Reiseverbots geboren. Und offensichtlich bedient es auch eine Kundengruppe, die bisher vom Tourismus vernachlässigt wurde: Menschen, die aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen nicht mehr reisen können. Grundsätzlich sieht Sandra Claus in ihrem Angebot aber keinen Ersatz für echte Reisen, im Gegenteil. Sie ist überzeugt, dass virtuelle Touren dem Tourismus vor Ort wieder zu realen Besuchern verhelfen können. «Die Videos sollen Lust machen auf mehr. Darauf, die Stadt zu besuchen und dort eine echte Tour zu machen.» Ihre Videos seien eine Ergänzung. «Man kann sie sich als Vorbereitung auf einen Städtetrip anschauen.»
Feriengäste wieder in die Städte locken – darin sieht auch Frédéric Pothier (48), Vizedirektor von Basel Tourismus, den Wert virtueller Führungen. Claus hatte Pothier für eine Kooperation angefragt und mit ihm zusammen einen Kurzfilm gedreht. Basel Tourismus hat die Gelegenheit genutzt, um das Format auszuprobieren. «Es bietet die Möglichkeit, die Stadt potenziellen Besuchern gluschtig zu machen», sagt Frédéric Pothier. Auch in Luzern hat Claus um eine Zusammenarbeit angefragt. Luzern Tourismus gab ihr jedoch einen Korb. Stattdessen arbeitete Sandra Claus jetzt mit einer selbständigen lokalen Stadtführerin zusammen.
Beim Lindenhof treffen wir einige von Claus’ Berufskollegen. Auch von ihnen reagieren manche zurückhaltend auf ihr neues Geschäftsmodell. Sandra Claus: «Die meisten hoffen einfach, dass es möglichst schnell wieder so wird wie vor der Pandemie.»
Sie selber baut unterdessen lieber ihr Onlineangebot aus. Ein neues Format, das zu den ursprünglichen Touren hinzukam, sind die 360-Grad-Rundgänge einzelner Stadtteile oder Gebäude. Die Zuschauer können sich dabei im virtuellen Raum bewegen und selber entscheiden, in welche Richtung sie sich wenden wollen. Fast als wären sie wirklich da.
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