Markus Gstrein (35), Onkel der Zwillinge
«Schwester, ich fasse es nicht!»

Markus und Gerlinde Gstrein sitzen traurig in der Stube. Sie zünden eine Kerze an und denken an Nichte und Neffe – die ermordeten Zwillinge von Horgen ZH.
Publiziert: 29.12.2007 um 23:14 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:43 Uhr
Ohnmacht: Onkel Markus und Tante Gerlinde Gstrein gedenken der toten Zwillinge Céline und Mario (7).
Foto: Foto: Kronenzeitung

Es ist ein Doppelmord, der die Schweiz erschüttert. In der Nacht auf Heiligabend wird das Leben der erst siebenjährigen Zwillinge ausgelöscht. Céline und Mario (7) sterben in ihren Betten – sie wurden brutal erstickt. Dringend der Tat verdächtigt sind Mutter Bianca (34) und Vater Franz B.* (39). Beide sitzen in U-Haft. Grosse Trauer löst die Tragödie auch im österreichischen Skiort Sölden, im Ötztal, aus. Hier lebt die Familie der verhafteten Frau. «Ich kann und will es einfach nicht glauben, dass Bianca zu so etwas fähig ist», sagt Bruder Markus Gstrein (35). Immer wieder schüttelt der Onkel der Zwillinge bestürzt den Kopf. «Das kann einfach nicht sein.»

Die traurige Nachricht erreichte ihn drei Tage nach der schrecklichen Tat. «Am Mittwoch hat mich mein Bruder, der ebenfalls in der Schweiz lebt, angerufen. Er sagte, Bianca und ihr Mann hätten die Zwillinge getötet. Zu Hergang und Motiv konnte er nichts sagen.»

Mittlerweile kommen immer mehr Einzelheiten über den Mord an Céline und Mario ans Licht: Als die Eltern Sonntagnacht die Polizei alarmieren, versuchen sie ihr grausames Verbrechen zu vertuschen. «Bei uns wurde eingebrochen. Unsere Kinder sind ermordet worden», geben sie an. Sie schlagen sogar Fensterscheiben ein, um ihre Aussage zu stützen, schreibt die «Zürichsee-Zeitung». Während die Eltern den Einbruch vortäuschen, kämpft Töchterchen Céline in ihrem Zimmer ums Überleben. Das Mädchen atmet noch, als Polizei und Sanität am Tatort eintreffen. Die Ärzte können das Kind nicht mehr retten, es stirbt in der Wohnung.

«Dabei schien die Familie nach aussen intakt», sagt Bruder Markus Gstrein im Interview mit der «Kronen-Zeitung». Im Mai hat er seine Schwester und die Kinder zuletzt gesehen. «Wir waren beim Nachtskifahren in Sölden. Céline und Mario waren glücklich und lebhaft.»

Vor zwölf Jahren ist Bianca B. in die Schweiz gezogen und hat dort den Horgener Bauernsohn Franz B. geheiratet – gegen den Willen ihrer Eltern. «Seither sahen wir uns kaum mehr. Meine Eltern wollten vom Schwiegersohn nichts wissen. Es ging so weit, dass sie den Kontakt zu Bianca abgebrochen haben», erzählt der Bruder. «Meine Schwester hatte nie psychische Probleme. Unter dieser Situation hat sie aber gelitten.» Als schwierig beschreibt der Bruder auch die Zeit, als Bianca und Franz B. ihr erstes Kind verloren. Das war 1999. Lisa wurde nur einen Monat und 19 Tage alt. Das Mädchen starb an plötzlichem Kindstod. Ein aussergewöhnlicher Tod, der unter den jetzigen Umständen aufhorchen lässt. Der Fall wird neu untersucht. Staatsanwalt Markus Oertle: «Ich werde die Akten und den Obduktionsbericht genau studieren. Ob die Babyleiche exhumiert wird, habe ich noch nicht entschieden.»

Am Freitag hat die Gerichtsmedizin die Körper der Zwillinge freigegeben. «Mit der Familie organisieren wir die Beerdigung. Sie findet Anfang 2008 statt», sagt Walter Bosshard, Gemeindepräsident von Horgen. Die Familie in Österreich überlegt sich, für die Beerdigung in die Schweiz zu reisen.

* Name der Redaktion bekannt.

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