Spätestens nach einer Woche hatte man sich an den Anblick gewöhnt: Arbeitskollegen, die bei der Videokonferenz ihre kleinen Kinder auf dem Schoss balancieren. Oder vom Bildschirm verschwinden, um dem Gebrüll in der Küche auf den Grund zu gehen.
Der Lockdown hat die Grenzen zwischen «Home» und «Office» verwischt, zwischen Privatleben und Arbeit. Berufstätige Väter – und Mütter – verbrachten plötzlich viel mehr Zeit mit ihren Kindern. «Nebenbei» mussten sie weiter ihre Büroarbeit erledigen und den Haushalt in Schuss halten.
Bereits während des Lockdowns entflammte eine Debatte darüber, welchen Effekt dieses ungewollte gesellschaftliche Experiment haben würde: Ob es eher dazu führt, dass die Väter in Zukunft mehr Verantwortung daheim übernehmen? Oder vielmehr zu einem Rückschritt in der Gleichberechtigung, weil viele Mütter nun durch Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung dreifach belastet und die Jobs von Frauen durch die aktuelle Krise stärker gefährdet sind?
Kinder rennen eher zur Mama
Erste Studien haben inzwischen die Arbeitsteilung von Eltern im Lockdown unter die Lupe genommen. Ein Bericht des britischen Institute for Fiscal Studies zum Beispiel zeigt: Die Bilanz ist durchzogen.
So waren es viel häufiger Mütter, die während des Homeoffice ihre Arbeit unterbrechen mussten, um Haushalt oder Kinder zu betreuen. Die Väter konnten 70 Prozent ihrer Zeit ungestört arbeiten, den Müttern gelang dies nur zu 53 Prozent.
Mehr Mütter ohne Job
Auch reagierten die Eltern unterschiedlich auf vorübergehende oder dauerhafte Arbeitslosigkeit eines Partners – je nachdem, ob der Jobverlust den Vater oder die Mutter traf. War die Mutter ohne Stelle, übernahm sie zweimal so viel Arbeit in Haushalt und Kinderbetreuung wie ihr Partner.
Wurde der Vater arbeitslos, teilten sich die Eltern die Aufgaben lediglich halbe-halbe, während die Mutter im Schnitt weiter fünf Stunden pro Tag arbeitete.
Im übrigen zeigt die Studie, dass – zumindest in Grossbritannien – eineinhalb Mal so viele Mütter wie Väter durch die Coronakrise ihren Job verloren.
Doppelt so viel Papi-Zeit
Die Autoren der Studie stellen aber auch fest, dass Männer die Zeit, die sie während des Lockdowns mit ihren Kindern verbrachten, fast verdoppelten: von vier auf rund acht Stunden pro Tag. «Diese Zunahme könnte langfristige Effekte darauf haben, wie Paare ihre Kinderbetreuung aufteilen», heisst es im Bericht.
Eine Studie aus Deutschland, über die das Wochenblatt «Zeit» kürzlich berichtete, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Gemäss dieser Erhebung teilten sich Frauen und Männer die zusätzliche Betreuungs- und Hausarbeit, die in der Corona-Krise dazukam, «weitgehend partnerschaftlich». Wobei die Frauen insgesamt weiterhin den Löwenanteil übernahmen.
Mehr Gleichberechtigung dank Corona
Was aber bedeutet all dies für die Gleichberechtigung in der Schweiz? Sind die Ergebnisse aus dem Ausland übertragbar – und falls ja, was folgt daraus für die Zukunft?
Christa Binswanger, Leiterin des Fachbereichs «Gender und Diversity» an der Universität St. Gallen, hält die Situation in der Schweiz für vergleichbar mit den Befunden aus Grossbritannien und Deutschland: «Auch ich habe in meinem Umfeld erlebt, dass in Zeiten des Lockdowns Care-Arbeit zwischen Eltern fairer aufgeteilt wurde als sonst», sagt die Dozentin. Das gelte vor allem für jene Familien, bei denen beide Elternteile im Homeoffic arbeiteten.
Was davon bleibt
Binswanger zweifelt jedoch an der nachhaltigen Wirkung dieses vorübergehenden Arrangements. Denn: «Wenn man die typische Schweizer Familie mit kleinen Kindern anschaut, arbeitet der Vater zu 100 Prozent, während die Mutter im Schnitt lediglich ein 30 Prozent-Pensum inne hat.»
Die Prognose der Dozentin: «Sobald sich die Arbeitsbedingungen dem Vor-Corona-Zustand angleichen, werden die Aufgaben wieder wie vorher verteilt.» In anderen Worten: Die Mütter übernehmen zu Hause die Hauptarbeit. Die wichtigste Ursache hierfür sieht Binswanger neben dem verbreiteten traditionellen Rollenbild in den hohen Kosten der externen Kinderbetreuung.
Die ungeliebten Aufgaben im Haushalt
Dennoch ist die Expertin durchaus optimistisch, dass sich der eine oder andere Vater durch die Lockdown-Erfahrung künftig intensiver in die Kinderbetreuung einbringen wird: «Der Trend, dass Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, hat schon vor Corona begonnen.»
Binswanger verbindet ihren Befund mit der Hoffnung, dass es nicht beim Spielplatzbesuch oder dem Erzählen von Gutenachtgeschichten bleibt – sondern dass die Väter im Haushalt auch vermehrt Aufgaben übernehmen, die niemand richtig gern erledigt: Putzen, Bügeln oder Abwaschen.
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