Die Opfer häuslicher Gewalt haben keine Stimme. Nur gut 20 Prozent der Betroffenen, meist Frauen, erstatten Anzeige. Und fast niemand spricht öffentlich über Misshandlungen in den eigenen vier Wänden. Dass die Zahl der Betroffenen im Corona-Jahr laut Kriminalstatistik auf einen neuen Höhepunkt geklettert ist (BLICK berichtete), hat am Tabu nicht gerüttelt. Die Luzernerin Louise Hill (55) geht einen anderen Weg: Sie war lange in einer gewalttätigen Ehe gefangen. Später hat sie das Sprechen über das Martyrium zu ihrer Mission gemacht.
«Ich war sofort verliebt», erinnert sie sich an den verhängnisvollen Tag Ende der 80er-Jahre. Die Engländerin (damals 23) und der Schweizer (damals 24) lernten sich beim Sprachaufenthalt in Frankreich kennen. Die Hölle auf Erden begann auf Wolke sieben.
Tritte und Schläge
Irgendwann kamen erste Demütigungen. «Er sperrte mich nackt aus der Wohnung», erinnert sich die Lehrerin. Am Tag der Hochzeit gab es zum ersten Mal Prügel. «Er sagte: ‹Zieh dein fucking Kleid an!›, war wütend, weil ich noch nicht bereit war.» Viele weitere Ohrfeigen und Fusstritte sollten über die nächsten Jahrzehnte folgen.
An dieser Stelle der Geschichte komme oft die gleiche Frage, sagt Hill: Warum lässt man sich das bieten?
Prügel und Versöhnung
Die Frage kann sie nicht leicht beantworten. «Es gab Phasen von Gewalt. Dann war er wieder so süss, versprach, es nie wieder zu tun und in Therapie zu gehen.» Heute weiss sie: Dieser Kreislauf aus Prügel und Versöhnung ist typisch für häusliche Gewalt. Und ihr persönlicher Kreislauf begann sich immer schneller zu drehen. Der Titel ihres Buches: «Teufelskreis: Mein bitteres Leben mit dem Zuckerbäcker».
Schlimmer als die körperliche Gewalt war für Hill die psychische Gewalt. «Ein blaues Auge verheilt. Aber dieses ständige Kleinmachen, diese Sätze habe ich auch Jahre danach noch im Kopf.»
Sorge um die Gesundheit der Kinder
Erst 2009, beim dritten Mal im Frauenhaus, zog sie einen Schlussstrich. Und verliess ihren Mann endgültig. Zu stark fürchtete sie um die Sicherheit der Kinder. Neun Monate später beging der Mann Suizid.
Heute berät sie Polizeischulen, hält Lesungen bei Beratungsstellen für Frauen – und ist über ihre Website selbst immer wieder Ansprechpartnerin für Betroffene.
Corona als Gewalt-Motor
Corona habe einen grossen Einfluss auf die häusliche Gewalt, ist Hill überzeugt. «Täter und Opfer sind zusammen eingesperrt. Auch die gewalttätigen Männer können nicht raus zum Sport oder mit Kollegen Dampf ablassen. Dazu kommen vielleicht finanzielle Schwierigkeiten. Das alles staut sich an und explodiert irgendwann.» Sie stellt klar: «Das Virus ist nicht der Grund für häusliche Gewalt. Aber es kann ein Auslöser sein.»
Der wichtigste Ratschlag für betroffene Frauen: «Holt euch professionelle Hilfe. Zwei Wochen zur Schwester zügeln, das reicht nicht. Ihr habt ein besseres Leben verdient!»
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter. Ein Patentrezept für Betroffene gibt es darum nicht. Eine ganze Liste mit Anlaufstellen und Tipps findet sich auf der Homepage der Schweizerischen Kriminalprävention (www.skppsc.ch) unter dem Punkt «Fokus Gewalt».
Darunter: https://www.opferhilfe-schweiz.ch/de/
Der wohl wichtigste Ratschlag für Opfer: «Wenn Sie sich bedroht fühlen oder sich gar schon in einer akuten Gewaltsituation befinden, rufen Sie die Polizei.» Dazu finden sich Kontaktadressen von Frauenhäusern und Opferberatungsstellen – auch für gewaltbetroffene Männer.
Aber nicht nur die Opfer finden Hilfe: Auch für Täter gibt es Anlaufstellen und Lernprogramme zur Gewaltprävention. Auch wer Zeuge von häuslicher Gewalt wird – zum Beispiel als Nachbar –, findet hier Ratschläge.
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter. Ein Patentrezept für Betroffene gibt es darum nicht. Eine ganze Liste mit Anlaufstellen und Tipps findet sich auf der Homepage der Schweizerischen Kriminalprävention (www.skppsc.ch) unter dem Punkt «Fokus Gewalt».
Darunter: https://www.opferhilfe-schweiz.ch/de/
Der wohl wichtigste Ratschlag für Opfer: «Wenn Sie sich bedroht fühlen oder sich gar schon in einer akuten Gewaltsituation befinden, rufen Sie die Polizei.» Dazu finden sich Kontaktadressen von Frauenhäusern und Opferberatungsstellen – auch für gewaltbetroffene Männer.
Aber nicht nur die Opfer finden Hilfe: Auch für Täter gibt es Anlaufstellen und Lernprogramme zur Gewaltprävention. Auch wer Zeuge von häuslicher Gewalt wird – zum Beispiel als Nachbar –, findet hier Ratschläge.