Die Einwohner von Dürnten ZH sind sauer. Die Gemeinde hat jahrelang tatenlos zugesehen, wie ein Legastheniker viel zu viele Steuern bezahlen musste.
Hilfsarbeiter Ernst Suter (41) kann kaum lesen und schreiben. Mit der Steuererklärung war er völlig überfordert. Noch nie in seinem Leben hat er eine ausgefüllt. Die Gemeinde Dürnten schätzte ihn ein. Viel zu hoch. Suter zahlte und zahlte. Als die Pleite droht, kauft ihm die Gemeinde Land ab. Er kann so einen Teil der Steuerschulden tilgen.
Doch die Forderungen der Gemeinde werden immer unverfrorener. Für das Jahr 2012 verlangt man über 120 000 Franken vom Hilfsarbeiter, dessen Jahreseinkommen gerade mal die Hälfte ausmacht. «Beobachter TV» deckt den Fall auf.
Die Dürntner sammeln Unterschriften
Die Einwohner von Dürnten haben jetzt eine Unterschriftensammlung lanciert. Sie wollen, dass die Gemeinde Ernst Suter die Steuerschulden erlässt und das zu viel bezahlte Geld zurückgibt.
Hansruedi Heierli (50) hat zusammen mit weiteren Bürgern 1200 Protestblätter verteilt. «Jeder in Dürnten wusste von seiner Behinderung, auch die Gemeinde», sagt Heierli. «Ich schäme mich für unsere Gemeinde. Es darf nicht sein, dass die einen ehrenwerten Bürger abzocken und in den Ruin treiben», so Cornelia Rüegg (55).
Auch Sandra Suter (32) ist empört: «Der Gemeinde geht es nur um das Geld. Was sie da macht, ist schlicht eine Schweinerei!»
Ernst Suter steht vor dem Ruin. Werden ihm die Schulden nicht erlassen, müsste der Legastheniker in diesen Tagen wohl auch noch sein Wohnhaus verkaufen, ein Erbstück seiner Grosseltern. «Es wegzugeben, hätte mir das Herz gebrochen», sagt Suter. Er habe geahnt, dass er über Jahre zu viel Steuern bezahlte, doch aus Scham habe er sich nicht gewehrt.
Dass sich nun das Volk für ihn starkmacht, gibt ihm Mut. «Damit habe ich nicht gerechnet. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass man Freunde hat», sagt Suter gerührt. Er sieht die Schuld nicht nur bei der Gemeinde. «Es war mein Fehler, dass ich die Steurerklärung nicht eingereicht habe, deshalb bin ich auf den guten Willen der Gemeinde angewiesen.»
Suter: «Für einen Rekurs habe ich kein Geld»
Nach den Medienberichten hat die Gemeinde eingewilligt, nochmals über den Fall zu beraten. Gestern gab sie dann bekannt, Suter die Schulden von rund 100 000 Franken zu erlassen. Die bereits bezahlten überhöhten Steuerbeträge von rund 200 000 Franken der Vorjahre erhält er jedoch nicht zurück.
Ernst Suter ist vorerst erleichtert. «Ich bin froh, dass mir wenigstens die Schulden erlassen wurden», sagt er. «Ich muss den Entscheid akzeptieren, für einen Rekurs habe ich kein Geld.»
Protestanführer Hansruedi Heierli ist damit nicht zufrieden. «Diesen Entscheid können wir nicht akzeptieren. Das ist Abzockerei», sagt der Unternehmer. «Wir kämpfen weiter!»