Lawinen-Drama in Klosters – Skiclub-Präsident:
«Ich wäre auch in den Hang gefahren»
KLOSTERS GR – Das Rätsel des Todeshangs bei der Parsennfurgga: Noch nie kam ein Mensch dort zu Schaden – warum musste gerade Arno (12) in der Lawine sterben?
Publiziert: 14.01.2008 um 23:09 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:59 Uhr
Von Beat Michel und Gabriela Battaglia
Yvonne und Jürg F.* mit Sohn Arno die Freiheit abseits der Piste geniessen.
Die drei sind Einheimische, aus Klosters. Keine Anfänger, keine leichtsinnigen Touristen.
Vater Jürg ist Jäger. «Er kennt die Gefahren der Natur», sagt Andreas Boner, J&O-Chef des Schneesportclubs. Sohn Arno gehörte zu den zwölf Besten der 115 Clubmitglieder: «Er war ehrgeizig und hatte Visionen», sagt Clubchef Boner. Der Bub wollte Ski-Profi werden.
Es ist Sonntag, 10.55 Uhr, als die Familie den Hang bei der Parsennfurgga erreicht, in Richtung Weissfluhjoch. Sie sehen die vielen Spuren. Dutzende sind hier schon hinunter – unversehrt. Und der jungfräuliche Schnee zwischen den Spuren lockt.
Aber es herrscht auch Lawinengefahrstufe 3, «erheblich». Die Stelle gilt als «wilde» Piste, bezeichnet mit Warntafel 12: «Sie verlassen die markierte Piste», steht auf dem gelben Schild.
«Zwar fahren viele dort runter», sagt Forti Niederer, Bergführer beim Parsenn-Rettungsdienst. Ausserdem sei am Sonntagmorgen rund 500 Meter oberhalb des Todeshangs gesprengt worden. «Doch es spielen noch andere Faktoren eine Rolle», so Niederer.
Zum Beispiel, wenn die Temperatur um fast 10 Grad steigt.
Familie F. fährt in den Pulver. Da donnert es über ihnen: Neben den Eltern rast eine Lawine herunter, verschont sie – doch ihr Kind reisst sie mit.
Die Rega ist sofort zur Stelle. Sie weiss, dass sie nur nach dem verschütteten Buben suchen muss. Zwar wird unterhalb dieses Hanges auch ein Mann begraben – aber er kann sich sofort wieder befreien.
Mussten die Eltern alles mit ansehen? Wer fuhr voraus? Wer löste die Lawine aus? «Vater und Mutter stehen unter Schock», sagt Patrik Bergamin, Davoser Untersuchungsrichter, «wir können sie erst in ein paar Tagen vernehmen.»
Schockiert ist das ganze Tal. Ausgerechnet diese Strecke fordert ein Todesopfer. «Es gibt viel exponiertere Stellen», sagt Beat Jann, Präsident des Schneesportclubs Madrisa Klosters. Und fügt an: «Ich wäre auch in den Hang gefahren.»
Er war frisch verschneit, sicher. Es bestand «erhebliche» Lawinengefahr, gewiss. Und doch, so Jann: «Ich erinnere mich nicht, dass hier jemals ein Skifahrer Opfer einer Lawine wurde.»
Tatsächlich: Der Hang ist beliebt, gerade bei Einheimischen. «Es erwischt eben meistens Ansässige», sagt Marcel Jecklin (27), Trainer des Unihockey-Clubs «Iron Marmots Davos-Klosters» – wo Arno F. begeistert trainierte. «Die sagen dann: Gehen wir noch ein bisschen ‹go pülverle›», sagt Jecklin traurig.
Eine Sorglosigkeit, die Arno nun zum Verhängnis wurde.
*Name der Redaktion bekannt
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5 Tipps, die Leben retten
BERN – Lawinengefahr – Lebensgefahr. So fahren Sie sicher Ski.Jedes Jahr sterben in der Schweiz durchschnittlich 25 Personen in Lawinen. Am häufigsten durch Ersticken. Aber auch die Verletzungen können tödlich sein.Wie kann man sich vor Lawinen schützen? Was ist bei einem Lawinenniedergang zu tun?Eine Broschüre des Eidgenössischen Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF gibt Auskunft: Am wichtigsten: Lawinenunglücke vermeiden – Lawinenbulletin beachten. Bei Lawinengefahr bleiben Unerfahrene auf der Piste. Schattenhänge mit mehr als 30 Grad Neigung sind zu meiden. Abfahrten abseits der Piste generell nur mit Lawinenverschütteten-Suchgerät LVS, Sonde und Schaufel. Denn: Ein Verschütteter muss möglichst schnell gefunden werden. Schon nach 45 Minuten wird nur noch jeder dritte Verschüttete lebend geborgen. Fahren Sie nie allein. Aber: Steilhänge sind einzeln zu befahren. Geht eine Lawine nieder, fahren Sie möglichst schnell aus dem Gefahrenbereich. Ist das nicht möglich, lassen Sie die Stöcke los und versuchen Sie Ihre Bindungen zu öffnen. So hat der Schnee weniger Angriffsfläche und zieht Sie nicht in die Tiefe. Ziehen Sie ausserdem Ihre Knie gegen Ihre Brust und halten Sie die Arme vors Gesicht, um sich zu schützen.LUKAS FÜGLISTER
BERN – Lawinengefahr – Lebensgefahr. So fahren Sie sicher Ski.Jedes Jahr sterben in der Schweiz durchschnittlich 25 Personen in Lawinen. Am häufigsten durch Ersticken. Aber auch die Verletzungen können tödlich sein.Wie kann man sich vor Lawinen schützen? Was ist bei einem Lawinenniedergang zu tun?Eine Broschüre des Eidgenössischen Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF gibt Auskunft: Am wichtigsten: Lawinenunglücke vermeiden – Lawinenbulletin beachten. Bei Lawinengefahr bleiben Unerfahrene auf der Piste. Schattenhänge mit mehr als 30 Grad Neigung sind zu meiden. Abfahrten abseits der Piste generell nur mit Lawinenverschütteten-Suchgerät LVS, Sonde und Schaufel. Denn: Ein Verschütteter muss möglichst schnell gefunden werden. Schon nach 45 Minuten wird nur noch jeder dritte Verschüttete lebend geborgen. Fahren Sie nie allein. Aber: Steilhänge sind einzeln zu befahren. Geht eine Lawine nieder, fahren Sie möglichst schnell aus dem Gefahrenbereich. Ist das nicht möglich, lassen Sie die Stöcke los und versuchen Sie Ihre Bindungen zu öffnen. So hat der Schnee weniger Angriffsfläche und zieht Sie nicht in die Tiefe. Ziehen Sie ausserdem Ihre Knie gegen Ihre Brust und halten Sie die Arme vors Gesicht, um sich zu schützen.LUKAS FÜGLISTER
Parsenngebiet: Prinz Charles knapp an Lawinentod vorbei
KLOSTERS GR – Wintersportler suchen abseits der Pisten den Nervenkitzel. Oft mit tödlichem Ausgang – auch im Skigebiet Parsenn. Am 31. Dezember 1955 kommen zwei US-Soldaten und zwei französische Feriengäste im Davoser Parsenngebiet ums Leben. Der Steilhang ausserhalb der Piste, wo die Lawine niederging, wird seither «Amerikanerhalde» genannt. Am 10. März 1988 kommt Prinz Charles beinahe in einer Lawine um. Sein Leibwächter, Major Hugh Lindsay, wird 400 Meter in den Tod gerissen. Patty Palmer-Tomkinson, Mitglied der königlichen Familie, wird verletzt. Am 21. Februar 2000 sterben drei Skifahrer in der «Amerikanerhalde». Ein Deutscher und zwei Genfer verunfallen tödlich, als am Steilhang abseits der Piste eine Lawine niedergeht. 3. Januar 2002: Ein 32-jähriger Skifahrer aus dem Kanton Bern löst in einem über 45 Grad steilen Couloir abseits der Piste eine Lawine aus. Er wird 400 m mitgerissen und getötet. Am 6. Januar 2003 wird ein 40-jähriger Skifahrer von einer Lawine getötet. Er fuhr als Erster einer Sechsergruppe in einen steilen Hang ausserhalb der Piste.GABRIELA BATTAGLIA
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Schneeschuhläufer starb im Spital
PONTRESINA GR – Der Weisse Tod hat ein weiteres Opfer gefordert. Im Spital von Samedan starb gestern ein 44-jähriger Schneeschuhläufer, der am Sonntag im Diavolezza-Gebiet bei Pontresina von einer Lawine mitgerissen wurde. Der in Graubünden wohnhaft gewesene Holländer war nach 35 Minuten in 120 Zentimeter Tiefe aus dem Schnee geborgen und schwer verletzt ins Spital gebracht worden.
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