Haltbarkeits-Bschiss im grossen Stil: Die Firma Alkopharma aus Martigny VS hat über 100'000 abgelaufene Ampullen Thiotepa verkauft. Ein Krebsmedikament, das zwischen 2007 und 2011 auch an Schweizer Spitäler ging, wie «Le Matin Dimanche» und «SonntagsZeitung» berichteten.
Für Thomas Cerny, Präsident der Krebsforschung Schweiz, ist das ein Skandal. «So ein Verhalten ist nicht tolerierbar. Es geht um die Heilung einer schweren Krankheit, und gerade bei Krebsmedikamenten muss alles top dokumentiert sein», sagt der Mediziner zu BLICK. Besonders, da Thiotepa vorwiegend bei Kindern und jungen Erwachsenen eingesetzt wird.
Normalerweise sei das pulverförmige Medikament sehr lange haltbar. Bei richtiger Lagerung, trocken und lichtgeschützt, sogar Jahre. Generell sei es daher kein Drama, wenn das Haltbarkeitsdatum ablaufe.
«Überhaupt werden unglaublich viele Medikamente oft viel zu früh weggeworfen, obwohl sie eigentlich noch intakt wären. Die Apotheken sind natürlich nicht daran interessiert, dass Patienten Medikamente nach Ablaufdatum einnehmen. Die wollen ja verkaufen.» Entscheidend sei aber, dass die Medikamente ihre Wirkung nicht verlören.
Doch genau das passierte bei den abgelaufenen Thiotepa-Ampullen. Dies zeigen Stichproben der Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic. Heisst: Patienten wurden nicht mit der richtigen Dosis therapiert!
Mittlerweile bessere Alternativen
Der Löwenanteil der abgelaufenen Lieferungen ging nach Frankreich. Aber auch Schweizer Spitäler kauften Ampullen. So zum Beispiel das Universitätsspital Basel.
Hier zeigt man sich geschockt über den Vorfall. «Das ist inakzeptabel für uns», sagt Thomas Pfluger vom Universitätsspital Basel zu BLICK. Denn die Fälschung von Ablaufdaten bei Medikamenten könne Patienten gefährden.
Insgesamt 220 Dosen hat das Unispital im Jahr 2008 gekauft. Wer allerdings damit behandelt wurde, lässt sich nicht mehr ermitteln. «Unsere Spitalapotheke verfügt für diesen Zeitraum nicht über gesammelte Personendaten, aus denen hervorgeht, wem Thiotepa verabreicht wurde.»
Dass Patienten jetzt noch mit dem Krebsmedikament behandelt werden, ist nicht wahrscheinlich. Denn: «Thiotepa ist ein Medikament, das nach und nach aus den Praxen verschwunden ist. Es gibt mittlerweile bessere Alternativen dazu», erklärt Cerny.