Marc L. schüttelte Philipp (†2) zu Tode
So reagiert man richtig bei Schreibabys

Marc L. hat den zweijährigen Sohn seiner Freundin zu Tode geschüttelt. Er habe gewollt, dass das Kind aufhöre zu weinen. In der Vergangenheit gab es immer wieder solche Fälle. Wie es so weit kommen kann, erklärt Peter Sumpf, Leiter des Elternnotrufs in Zürich.
Publiziert: 07.09.2017 um 18:31 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:00 Uhr
Peter Sumpf vom Elternnotruf Zürich empfiehlt im Notfall: «Man soll sich distanzieren und den Raum wechseln. Das Kind kann man fünf Minuten schreien lassen.» Wichtig sei, dass man nicht den Kontakt zum Kind abbreche und weiterhin mit ihm rede. (Symbolbild)
Foto: Getty Images
Nicole Agostini

Marc L.* (40) musste sich am Mittwoch vor dem Bezirksgericht in Baden AG wegen des Mordes an Philipp (†2), dem Sohn seiner damaligen Freundin D. H.* (32), verantworten. Marc L. hat zugegeben, dass er Philipp zu Tode geschüttelt habe (BLICK berichtete). Die Anklage fordert dafür 13 Jahre Haft.

Vor dem tragischen Tod hatte Marc L. den Buben mutmasslich mehrere Male misshandelt. Mit dem Schütteln wollte er den Buben nach eigenen Angaben nicht verletzen, sondern ihn zum Schweigen bringen. «Ich wollte, dass er aufhört zu weinen!», sagte Marc L. vor Gericht.

Solche Fälle gab es in der Vergangenheit immer wieder. Zuletzt im März, als ein Mann in Lausanne seinen knapp einjährigen Sohn totschüttelte.

Klassische Situation der Überforderung

«Allein zu Hause, das Kind hört nicht auf zu schreien: Das ist eine klassische Situation der Überforderung», sagt Peter Sumpf, Leiter des Elternnotrufs in Zürich, zu BLICK.

Eine solche Situation sei sehr anspruchsvoll. «Vielleicht hat man nicht genug geschlafen oder hat abends kaum noch Energie. Dann schreit das Kind, und es hört nicht auf, obwohl man alles versucht hat. Irgendwann ist man überfordert!»

Ein Problem bestehe darin, dass das Kind auf Beziehungsschwingungen reagiere. «Wenn der Vater oder die Mutter ruhig ist, gibt das dem Kind Sicherheit. Darum muss man nicht nur auf das Kind, sondern auch auf sich selber achten – und einmal tief durchatmen. Man kann versuchen, sich selber zu beruhigen. Anschliessend ist man dann eher in der Lage das Kind zu beruhigen.»

Der Experte empfiehlt in solchen Fällen: «Im Krisenmoment stoppen und Hilfe holen. Ja nicht allein bleiben!» Man könne einen Nachbarn holen, das Kind lieber einen Moment aus den Armen geben oder jemanden anrufen.

Hilfe bietet auch die 24-Stunden-Hotline des Elternnotrufs (Tel. 0848 354 555) oder die Beratungs-Hotline einer Kinderklinik. 

Im Notfall Kind schreien lassen

Im äussersten Notfall solle man lieber einen Schritt zurücktreten und sich distanzieren. Sumpf sagt zu BLICK: «Man kann auch den Raum wechseln und tief durchatmen. Das Kind kann man fünf Minuten schreien lassen. Aber wichtig: Nicht den Kontakt zum Kind abbrechen und weiterhin mit ihm reden.»

Obwohl es immer wieder Fälle gibt, in denen Eltern ihre schreienden Kinder zu Tode schütteln, sind das laut Peter Sumpf vor allem Einzelfälle: «Zum Glück ist das Wissen stark verbreitet, dass man Kleinkinder nicht schütteln darf.»

* Namen der Redaktion bekannt

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