Kirchenstreit in Egg ZH eskaliert
Dieser Mann bringt den Bischof vor den Richter

Wegen Mobbing durch den Priester in der Kirche Egg ZH reichte Jürg Simeon eine Aufsichtsbeschwerde ein. Die Untersuchung könnte in eine Strafanzeige gegen die obersten Verantwortlichen der Kirche münden.
Publiziert: 26.03.2017 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:57 Uhr
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Mehrere Mitarbeiter der Kirche Egg wurden krank – «wegen des Verhaltens des Pfarrers», sagt Kritiker Jürg Simeon.
Foto: Sabine Wunderlin
Cyrill Pinto (Text) und Sabine Wunderlin (Foto)

Der Vorgang ist einmalig: Erstmals wird gegen eine Kirchgemeinde im Kanton Zürich eine Untersuchung wegen Mobbing durch einen Priester geführt. Die Aufsichtsbeschwerde gegen die Katholische Kirchgemeinde Egg ZH wurde am 1. März eingereicht, bereits eine Woche später eröffnete die Rekurskommission der Katholischen Kirche im Kanton Zürich eine Untersuchung.

Pfarrer Fulvio G.* (57) gilt als impulsiv und jähzornig. Mitarbeiter und Kirchgänger waren Zeugen, als er Mitarbeiter öffentlich abkanzelte. Einmal bei einem Rom-Ausflug mit Firmlingen, ein anderes Mal im Anschluss an einen Elternabend. Zeugen berichten gegenüber SonntagsBlick: «Er hat die betroffenen Personen niedergemacht und aufs Übelste beschimpft.» Jürg Simeon (60), selbst Kirchgänger, hat genug davon. «Obwohl meine Töchter bis vor kurzem hier als Ministrantinnen im Einsatz waren, gehe ich inzwischen in eine andere Kirche.» Simeon hat die Aufsichtsbeschwerde eingereicht und wagt den Schritt an die Öffentlichkeit. «Weil ich nicht tatenlos zusehen kann, wie ein Vertreter der Kirche Angestellte in die Depression treibt.» Für Simeon gibt es zwei Hauptverantwortliche: Pfarrer G. und Kirchgemeindepräsident Louis L.* (72), der bereits seit 38 Jahren im Amt ist.

Streit führte zu Zusammenbrüchen

In der Beschwerde ist auf neun Seiten detailliert aufgeführt, was in der Kirchgemeinde vorfiel. Zum ersten Zusammenbruch einer Kirchenmitarbeiterin kam es 2012: Da war G. noch als Vikar im Einsatz. Eine Sekretärin erlitt wegen «heftigsten Streitereien» zwischen G. und seinem Vorgänger zwei gesundheitliche Zusammenbrüche. 2015 kündigt die Sekretärin des Pfarramts Maur wegen der ständigen Spannungen am Arbeitsplatz. Ein Pastoralassistent erleidet nach Dauerstreit und Beschimpfungen im August 2016 einen Zusammenbruch und musste deswegen mehrere Wochen in eine Klinik. Im Herbst 2016 macht G. gegenüber einem Mitarbeiter beleidigende Aussagen. Der beschwert sich daraufhin bei Bischof Vitus Huonder (74) und bei Generalvikar Josef Annen – ohne Erfolg. Daraufhin fällt der Mitarbeiter in eine Depression und muss sich auch ärztlich behandeln lassen. Jetzt ist er auf Stellensuche.

Der Sprecher des Generalvikariats der Kantone Zürich und Glarus sagt: «Wegen des laufenden Verfahrens kann der Generalvikar keine Aussage machen. Er ist jedoch sehr darum bemüht, mit allen Beteiligten im Gespräch zu sein und nimmt sich sehr viel Zeit dafür.» Pfarrer und Kirchgemeindepräsident wollten sich mit Verweis auf das laufende Verfahren und das Amtsgeheimnis nicht zur Sache äussern. 

Die Kirchenführung schade sich selbst

Mit dem Schritt an die Öffentlichkeit erhofft sich Simeon, dass die Verantwortlichen endlich handeln. «Ich will der Kirche nicht schaden, im Gegenteil», sagt er. Vielmehr schade sich die Kirchenführung selbst. «Viele Leute haben sich wegen des Mobbings von der Kirche abgewandt.»

Simeon macht in seiner Beschwerde die «krass verletzte» Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geltend. Simeons Anwalt Ueli Vogel-Etienne hält es für durchaus möglich, dass die Rekurskommission im Rahmen ihrer Untersuchung eine Strafanzeige bei der staatlichen Justiz einreicht. Die Vorgänge in Egg könnten damit auch für Generalvikar Annen und selbst Bischof Huonder zu einem Problem werden.

*Namen der Redaktion bekannt

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