Wird ein Kind krank, gehen die Probleme los. Viele Eltern müssen sich dann nicht nur um ihren Nachwuchs kümmern, sondern sich auch um ihren Arbeitsplatz sorgen. Damit sie nicht fehlen, sollten sie «Betreuungsfälle im Voraus planen und generell organisieren», forderte Arbeitgeberdirektor Roland Müller (53) im BLICK. Wie gross das Problem wirklich ist, zeigt das Beispiel von Familie Schätzler aus Huttwil BE.
Eine Woche vor Weihnachten gerät die Welt von Raphael (33) und Nicole Schätzler (34) aus den Fugen: Ihr jüngster Sohn erkrankt an einem gefährlichen Virus, kämpft im Spital ums Überleben. Die Ärzte rechnen mit dem Schlimmsten. «Wir mussten von Jamie Abschied nehmen, die Ärzte glaubten, dass er stirbt», sagt Schätzler. Mittlerweile geht es Jamie (15 Monate) wieder besser – doch der Albtraum geht weiter. Weil er sich um sein todkrankes Kind kümmerte, wird der Familienvater gefeuert. «Ich habe für diese Bude alles gemacht, und das ist nun der Dank dafür.»
«Sie verlangten, dass wir einen Babysitter einspannen»
Das Problem: Als Jamie im Spital liegt, erkrankt seine Frau Nicole (34) an Scharlach, sie bekommt vom Spital ein Besuchsverbot. Der Vater muss einspringen – an Arbeit ist nicht zu denken. Doch genau das verlangt sein Arbeitgeber. «Sie setzten mich unter Druck und verlangten, dass wir einen Babysitter einspannen, das Arztzeugnis hat sie nicht interessiert.»
Minusstunden in den Weihnachtsferien abarbeiten
Drei Tage vor Weihnachten geht es Jamie und seiner Mutter wieder besser, der Plattenleger kann zurück an den Arbeitsplatz. Doch anstelle tröstender Worte droht ihm der Chef: «Er verlangte, dass ich die Minusstunden während der Weihnachtsferien aufarbeite, ansonsten ziehe er mir 500 Franken Lohn ab.» Schätzler wehrt sich, beruft sich auf das Gesetz und bleibt daheim bei seiner Familie. Die Quittung folgt prompt. «Im Januar bekam ich 500 Franken weniger. Das ist für unsere Familie sehr viel Geld. Zudem habe ich für meine Absenz Minustage bekommen.»
«Anzeige zurückziehen oder Kündigung»
Schätzler kontaktiert seine Rechtsschutzversicherung, diese fordert die Firma auf, ihren Pflichten nachzukommen. Zu viel für den Chef. «Er verlangte, dass ich es zurückziehe, ansonsten würde ich die Kündigung erhalten», sagt Schätzler.
Diesen Montag lag das Schreiben nun im Briefkasten. Der Arbeitgeber, ein Kleinbetrieb, machte Umstrukturierungen geltend. «Ich habe schliesslich eingewilligt. Unter diesen Umständen kann ich nicht mehr da arbeiten.»
Als BLICK die Firma konfrontiert, begründet der Chef die Kündigung so: «Wir können es uns nicht erlauben, dass ein Mitarbeiter am Morgen anruft und dann eine Woche nicht mehr kommt.» Die Kündigung jedoch sei aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Die 500 Franken hat der Chef auf Druck der Versicherung aber vor zwei Tagen überwiesen.