Kein Fleisch, wenig Geschenke
Diese Familie feiert Weihnachten klimabewusst

Nachhaltig feiern – geht das? Aber sicher, sagt diese Familie. Und erzählt von krummen Bäumen und vom Genuss ohne Fleisch.
Publiziert: 22.12.2019 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 25.12.2019 um 11:40 Uhr
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Manuel (35), Judith (37), Söhnchen Aron (3) und eine Freundin feiern nachhaltig Weihnachten.
Foto: Andrea Brunner
Dana Liechti

Vorsichtig hängt der kleine Aron (3) eine Weihnachtskugel an die Tanne. Es ist ein besonderer Baum, der da in der Stube seines Zuhauses in Zürich steht.

Während die meisten Weihnachtsbäume in der Schweiz aus Monokulturen stammen, ist dieser ein Abfallprodukt aus der Forstwirtschaft. Er musste weichen, weil der Wald zu dicht war.

«Das Bäumchen ist ganz dick und krumm», sagt Arons Papi Manuel (35). «Dank des Weihnachtsschmucks sieht man das aber nicht mehr», fügt Mami Judith (37) hinzu und lacht.

Ein herkömmlicher Weihnachtsbaum wäre für die Familie nicht infrage gekommen. Manuel und Judith möchten die Festtage nämlich möglichst nachhaltig feiern.

Ofenkürbis oder Minipizza

Auf den Tisch kommt dann ein pflanzliches und saisonales Menü – was genau, darüber sind sich Judith und Manuel noch nicht einig. «Aber auf jeden Fall etwas Festliches!» Entweder soll es einen Seitanbraten mit Kartoffelstock und Ofenkürbis geben – oder Minipizza aus dem Racletteofen. Sicher ist nur: «Zum Dessert backe ich meinen Apfelkuchen!», sagt Manuel.

Ein pflanzliches Menü an Weihnachten ist für viele unvorstellbar. Doch wer die Feiertage klimafreundlich verbringen will, kommt nicht darum herum, beim Festmahl genauer hinzuschauen – und Filet und Fondue chinoise zu überdenken.

Denn um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, müssen die Emissionen im Bereich der Ernährung um die Hälfte sinken. Und das geht nur, wenn der Fleisch- und Milchkonsum drastisch sinkt. «Bei unserem Verzicht auf tierische Produkte spielen aber auch das Tierwohl und andere Nachhaltigkeitsthemen wie die Nitratbelastung und der brennende Regenwald mit», sagt Manuel. «Aus der Klimaper­spektive läge es drin, ab und zu Eier, Fisch, etwas Milch und ein bisschen Fleisch zu essen.» Trotzdem sagen Studien, der Konsum von Fleisch und Milch müsse hierzulande um drei Viertel sinken.
Tradition hat an Weihnachten nicht nur das Festmahl, sondern auch die Bescherung. Nicht mehr bei Manuel und Judith.

«Bei uns soll das Zusammensein im Vordergrund stehen, nicht die Geschenke. Wir feiern gemütlich mit Spielen, Spaziergängen und Musik», sagen sie.

Sie schenken sich nichts

Unter den Erwachsenen schenke sich die Familie seit Jahren nichts mehr – mit Ausnahme von gemeinsamen Erlebnissen wie einem Essen oder Theaterbesuch.

Und der kleine Aron bekommt auch keine Geschenke? «Von uns in der Regel nicht», sagt Manuel. «Wir haben aber auch keinen Fernseher und gehen praktisch nie in die grossen Läden einkaufen. Darum ist Aron auch gar nicht konfrontiert mit all dem Spielzeug.»

Trotzdem: «Irgendjemand schickt immer ein Geschenk und das packen wir dann auch zusammen aus.»

Manchmal schenke man den Kindern im Freundeskreis auch gegenseitig Spielzeuge, die nicht mehr benutzt werden. «Daran haben sie genauso Freude. Es ist ja trotzdem etwas Ungewohntes für sie, auch wenn es nichts Brandneues ist», sagt Manuel.

Und ganz so streng seien er und Judith dann doch nicht. «Dieses Jahr habe ich ein Auge zugedrückt, und Aron einen Minispielzeug-Tesla gekauft.»

Kein Wunder, schliesslich hat auch der Papi selbst Freude am klimaschonenden Fahrzeug: «Um über die Festtage zu meiner ­Familie nach Deutschland zu fahren, haben wir einen Tesla gemietet», sagt Ma­nuel und schmunzelt.

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